Die Corona-Pandemie wirft ein bezeichnendes Licht auf falsche Vorstellungen mancher Linker über die Arbeitswelt. Was in vielen Betrieben für die Verwaltungsbereiche durch die Digitalisierung längst Realität ist, deren Arbeitswelt drastisch verändert hat und nun durch die aktuelle Situation noch forciert wird, scheint in den Köpfen vieler links eingestellter Menschen noch nicht angekommen zu sein: Home-Office als Bestandteil der Digitalisierung.
In den verschiedenen Veröffentlichungen wird von den „obersten Mittelstandsschichten“ oder „Home-Office-Eliten“ philosophiert, welche den Lockdown im Home-Office als verlängerten Frühlingsurlaub in ihren Eigenheimen mit Garten begreifen würden, während andere arbeiten müssen. Ein Bild, das Betriebsräten in der Debatte um mobile Arbeit in den Verwaltungsbereichen insbesondere von betrieblichen Führungskräften als Ausdruck von Misstrauen gegenüber den Beschäftigten entgegenschlägt. Woher kommt diese Einmütigkeit?
Der richtige Arbeiter ist der Mensch im Blaumann, alles andere ist nur Kleinbürgertum. Das widerspiegelt eine sehr begrenzte Auffassung von der Zusammensetzung der Arbeiterklasse. Der „Angestellte“ in der Verwaltung eines Unternehmens wurde schon immer als der „Bessergestellte“ betrachtet. Wenn von Rationalisierungen aufgrund neuer Technologien die Rede ist, haben viele nur die automatisierten Produktionsstätten im Kopf. Lange passierte im „Overhead“ relativ wenig. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten zu heute drastisch verändert. Digitalisierte Bearbeitung, automatisierte Bestellvorgänge oder Kommunikationstechnologien machen ganze Tätigkeiten überflüssig und schaffen andere, nicht nur hochqualifizierte Bürojobs.
Die Zerlegung von Tätigkeiten in kleinteiligere Aufgaben, was zu Beginn der industriellen Produktion für die standardisierte Massenproduktion kennzeichnend war, hat in der Verwaltung Einzug gehalten. Trotz Rationalisierung wachsen die Bürotätigkeiten, inzwischen arbeiten je nach Studien 20 bis 25 Prozent aller Erwerbstätigen am Schreibtisch, in Ballungsräumen der Großstädte bis zu 45 Prozent. Callcenter, Sachbearbeiter in Buchungszentren, Architekten oder der IT-Spezialist, die Qualifikationsspannweite und damit die Einkommensskala ist breit. Es ist daher nicht verwunderlich, dass gerade hier geschaut wird, wie die Tätigkeiten rationalisiert werden können. Das so genannte „Home-Office“ zählt in Studien als Mittel der Effizienzsteigerung, da sich gezeigt hat, dass die Menschen so produktiver sind. Führungskräfte nutzen das und halten die Ergebnislinien enger. Unter den derzeitigen Bedingungen ist „Home-Office“ eine Belastung, die unbegleitet schnell an die Grenzen führen kann. Arbeiten, Kinder betreuen und unterrichten schaffen eine entgrenzte Zusatzbelastung, die wahrlich nicht als „verlängerter Frühlingsurlaub“ einiger Eliten betrachtet werden kann.