Die von Olaf Matthes gewählte Formulierung in seinem Artikel zum migrationspolitischen Streit in der Linkspartei erweckt den Eindruck, Sahra Wagenknecht hätte „linke Selbstverständlichkeiten“ wie „Asyl als Grundrecht, Fluchtursachen bekämpfen, gleiche Rechte für alle, die in Deutschland leben – auch für Arbeitsmigranten“ in Zweifel gezogen. Wahr ist hingegen, dass Sahra Wagenknecht nicht nur die in der medialen Öffentlichkeit deutlichste und wirksamste Stimme ist, die in der migrationspolitischen Debatte das Hauptaugenmerk immer auf die Bekämpfung der Fluchtursachen legt, sondern auch, dass sie das Grundrecht auf Asyl explizit verteidigt. Sie spricht sich jedoch für eine Regulierung der Arbeitsmigration (und nicht etwa für eine Diskriminierung der Migranten!) aus und argumentiert dabei – ihrer Fraktionskollegin Sevim Dagdelen folgend – auf der Grundlage einer proletarisch-internationalistischen Position. Dabei sehen Dagdelen und Wagenknecht die Arbeitsmigration als Bestandteil einer imperialistischen Strategie zur Destabilisierung der Peripherie und gleichzeitig als Instrument des Klassenkampfs in den Zentren.
Auch wiederholt der Autor im Zusammenhang mit Wagenknechts Kritik am Aufruf der „#unteilbar“-Bewegung lediglich die von den bürgerlichen Hetzmedien – politisch interessiert – verkürzte Wiedergabe ihres Pressestatements. Dieses ist übrigens in voller Länge auch für jeden Journalisten im Internet zugänglich. Dort kritisiert sie viel grundsätzlicher, dass im #unteilbar-Aufruf „weder die Verantwortlichen für Fluchtursachen noch für den massiven Sozialabbau der letzten Jahre benannt werden. Damit fehlt dem Protest aber die wichtige Adressierung der politischen Verantwortung für die gravierenden Missstände.“
Dass diese Kritik in den bürgerlichen Medien nie zitiert wurde, kann keinen Kommunisten verwundern; dass sie jedoch auch in unserer Zeitung verschwiegen wird, ist durchaus bedenklich – ebenso der Standpunkt, den die UZ in der migrationspolitischen Debatte mit diesem Artikel eingenommen hat.