Vergesellschaftung!

Der Leitantrag des PV an den 23. Parteitag der DKP „Unsere Kampffelder im Rahmen der antimonopolistischen Strategie“ stellt anspruchsvolle strategische Ziele. Er will die anhaltende Offensive des Monopolkapitals in einzelnen Bereichen bremsen und stoppen sowie längerfristig eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zuungunsten des Monopolkapitals erreichen. Angestrebt wird eine Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt. (Zeilen 8-13)

Die nächstliegende Aufgabe der DKP sei, „die Entwicklung proletarischen Klassenbewusstseins zu fördern, den gemeinsamen Gegner in Gestalt des Monopolkapitals bewusst zu machen und für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und die Verbindung von Arbeiterbewegung und nichtmonopolistischen Bewegungen zu wirken.“ (Zeilen 123-127).

Dazu sei notwendig, „die Kampffelder genauer zu bestimmen, an denen wir Bruchpunkte des Monopolkapitals für möglich halten.“ (Zeilen 141-143)

Dieser Anspruch wird durch den Leitantrag nicht eingelöst. Die einzelnen Kampffelder, etwa der Kampf für bezahlbaren Wohnraum, für ein gerechtes Bildungssystem, für eine Energiewende, für eine nachhaltige Verkehrspolitik oder für eine Rente, die zum Leben reicht, sind zu knapp gefasst. Tatsächlich reichen für die Darstellung der sozialen Bewegungen (Zeilen 93 bis 104) zwölf Zeilen nicht aus. Zudem fehlt die Einschätzung dieser Bewegungen, ihrer Forderungen und die eigene Position.

Im Kapitel „Der Kampf um die Verteidigung der Demokratie“ finden wir keinen Hinweis auf die neuen Polizeigesetze und die Proteste dagegen. Wir vermissen einen Satz zu den aktuellen Plänen der Herrschenden für eine durchorganisierte, formierte Gesellschaft mit kontrollierter Kommunikation, Medien- und Innenpolitik, wie sie der aktuellen Fassung des „Weißbuchs der Bundeswehr“ und der „Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) des Innenministeriums von 2016 zu entnehmen sind.

„Zusammen mit der ideologischen Schulung misst die DKP deshalb dem politischen Kampf und dessen theoretischer Reflexion einen hohen Stellenwert zu.“ (Zeilen 858 bis 860) Dieser Satz ist überflüssig. Zumal es gerade an theoretischer Reflexion mangelt. Wo steht eine ökonomische Analyse der „sich vertiefenden innerimperialistischen Konkurrenz“? (Zeilen154/155). Es gibt keine Antwort auf die Frage, worauf zunehmende kapitalistische Krisenhaftigkeit und wachsende Kriegsgefahr im Kern zurückzuführen sind. Kein Wort über Rezession und Krisenerscheinungen.

Ersatzlos zu streichen ist der folgende Satz:

„Notwendig für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und anderer antimonopolistischer Schichten und Klassen ist die Zurückweisung von Versuchen, die Friedensbewegung zu spalten – ob unter dem Deckmantel der Bekämpfung angeblicher Verschwörungstheorien oder dem Vorwurf einer „Querfront“. (219-226)

Begründung: Tatsächlich hat es Versuche gegeben, von faschistischer Seite Einfluss auf die Friedensbewegung zu nehmen. Sie sind zurückgewiesen worden. Und künftig zurückzuweisen. Eine braune Friedensbewegung ist keine.

Neu formuliert werden muss der Absatz Zeile 384 bis 398, weil hier in Verkennung der Sachlage Flüchtlingspolitik und Anwerbungsmaßnahmen a) nicht unterschieden und b) für Rassismus verantwortlich gemacht werden.

Ohnehin fällt auf, dass im Leitantrag die Politik von extrem rechten und faschistischen Organisationen und Parteien nicht vorkommt, geschweige denn, dass sie kritisiert würde. Die AfD forderte seinerzeit die Schließung der Grenzen, unter allen Bedingungen und der Anwendung von Schusswaffen. Dagegen galt bisher für uns: „Zusammenstehen. Solidarität mit Flüchtlingen!“ Das wird so bleiben. Der Status von Flüchtlingen muß ohne Verzug anerkannt und die Genfer Flüchtlingskonvention eingehalten werden. Aber auch angeworbene und anzuwerbende ausländische Arbeiterinnen und Arbeiter gehören zur Klasse und in die Solidarität! Wohin denn sonst?!

„(Die Aktionseinheit) wird untergraben durch die anhaltende Bindung dieser Teile der Arbeiterklasse an die SPD mit der neoliberalen Ausrichtung ihrer Führung und einem

entsprechend parteipolitisch dominierten Gewerkschaftsapparat.“ (Zeilen 639 bis 642). Der Satz kann weg. Tatsächlich sind nennenswerte, wenn auch schwindende Teile der Arbeiterklasse politisch an die SPD gebunden. Unsere Aufgabe ist es, (erst recht vor dem Hintergrund aufbrechender Widersprüche von SPD-Politik und Arbeiterinteressen) auf gemeinsame Aktionen von Arbeitern zu drängen, ungeachtet der relativen Höhe ihres Lebensstandards. Bisher hat die SPD-Führung nicht viel Mühe mit dem „Untergraben“ einer allenfalls punktuellen Aktionseinheit.

Im übrigen sollten wir vermeiden, Korruption erst dann zum Thema zu machen, wenn Arbeiter dafür anfällig sein sollen:

  • „Bestechung und Sozialpartnerschaft“ (Zeile 115),
  • die Arbeiterklasse, die von der führenden Rolle des deutschen Imperialismus profitiert (Zeile 62).

Die DKP wendet sich gegen die Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürger der DDR. Wir achten ihre Lebensleistung, die eng verbunden war mit einem Staat, der für Frieden und Sozialismus stand. Aber die Behauptung, dass sie deshalb schon „eine besondere Kraft im Kampf um ein antimonopolistisches Bündnis bilden würden“ (Zeile 810) ist, ungeachtet der jüngsten Wahlergebnisse, allein als Aussage jenseits von Klassen- und Schichtzugehörigkeit und politischer Präferenzen zumindest blauäugig. In Zeile 830 ist vom Vertrauen in den deutschen Imperialismus die Rede, das zerstört worden sei. Aber die Frage ist doch (wenn es stimmen sollte): wie konnte sowas entstehen?! Die Zeilen 807 bis 848 sind zunächst mal zu streichen und neu zu fassen.

Zwei Passagen widmen sich der „Rolle der Intelligenz“ (661-669 und 753-783). Der Begriff taugt offenkundig nicht mehr zur Kennzeichnung einer sozialen Schicht, weil sich der überkommene Gegensatz von körperlicher und geistiger Arbeit nicht mehr überwiegend nach Schichten sortiert. Eine selbständige Position im Produktionsprozess hat die Intelligenz ohnehin nie eingenommen. In der Tat wächst aber der Anteil der qualifizierten Lohnabhängigen und solcher mit Hochschulbildung.

Überhaupt wird in den 5 (von 18) Seiten des Kapitels „Kräfte im Kampf um eine Wende und die Aufgaben der DKP“ (Zeilen 604 bis 848) darüber räsoniert, welche Kräfte für ein antimonopolistisches Bündnis in Frage kommen und welche Faktoren dabei eher hinderlich sind. Wir bevorzugen zu diesem Thema das Kapitel 5 des Parteiprogramms: „Die Kräfte des Widerstands und des Fortschritts“.

Überhaupt empfiehlt sich die Lektüre des Parteiprogramms, wenn wir die aktuellen Kampfbedingungen bzw. Kampffelder einschätzen wollen. Es beschreibt das sozialistische Ziel und die Strategie, also den Weg zum Sozialismus über eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt. Schon im Zuge der Zurückdrängung der Allmacht des Monopolkapitals, nicht erst als Merkmal des Sozialismus, nennt das Programm als wesentlichen Schritt: die Überführung der Banken und Versicherungen sowie der produktions- und marktbeherrschenden Konzerne in demokratisch kontrolliertes öffentliches Eigentum.

Der vorige Leitantrag blieb trotz der deutlich veränderten Fassung, in der er ihn der 22. Parteitag beschlossen hat („Arbeit, Frieden, Solidarität“), meist ungelesen. Zwar postuliert er allgemein zum Thema Klimaveränderung „weitreichende Eingriffe in die gesellschaftliche Produktion und ihre räumliche Ausgestaltung, die unweigerlich mit den herrschenden Eigentumsverhältnissen in Konflikt geraten“ (S. 16). Die Analyse wird indes nicht bis zur Forderung nach Vergesellschaftung der Energiekonzerne getrieben. Wir wehren uns allenfalls allgemein gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums (S.16). Immerhin wird der Mangel bezüglich der Eigentumsfrage im neuen Leitantrag an den 23. Parteitag nahezu behoben.

Als Bezugstext für den neuen Leitantrag („Unsere Kampffelder..) scheint der alte wenig geeignet. Denn dieser enthält immer noch alte Fehler. Beispielsweise:

  1. Die falsche Behauptung, dass sich die Rolle der Eigentümer der Produktionsmittel und des Finanzkapitals in immer stärkeren Maße auf das Abschöpfen der Profite reduziere. (S. 4)
  2. Die falsche These, dass Trump massiv vom militärisch-industriellen Komplex und den „Falken“ der US-Außenpolitik bekämpft werde. (S. 18)
  3. Vor allem taucht die irrige Vorstellung von der „rasanten Entwicklung der Produktivkräfte“ aus dem Leitantrag des 21. Parteitags (DKP in Aktion, S.1) im Leitantrag des 22. Parteitags als Produktivkraftsprung, bzw. Sprung der Produktivkraftentwicklung (S. 12) wieder auf. Beide Formulierungen stellen aber die historische Fälligkeit des Sozialismus in Frage, solange dem Sprung bzw. der rasanten Entwicklung nicht die vielfältigen Entwicklungshemmungen der Produktivkräfte, gar Destruktivkräfte gegenübergestellt werden. Denn laut Marx tritt eine Epoche sozialer Revolution erst dann ein, wenn aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte diese Verhältnisse in Fesseln derselben umschlagen (Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 8-9).

Tatsächlich beobachten wir gegenwärtig eine große Zahl von demokratischen Massenbewegungen, die in diesem historischen Sinn Produktivkraft-Fesselungen zum Anlass haben. Auch die Verschiebungen der globalen Kräfteverhältnisse erklären sich als Folge unterschiedlich wirksamer Entwicklungen bzw. Hemmungen von Produktivkräften, letztlich durch einen beginnenden Wandel der Produktionsweisen. Als Folge ist zu registrieren, dass die „Offensive des Monopolkapitals“ nicht mehr reibungslos verläuft (Leitantrag „Unsere Kampffelder..“, Zeile 23).

Das Hauptdokument des 20. Parteitags „Antworten der DKP auf die Krise“ von 2013 enthielt neben der Forderung nach sofortigem Abzug der US-Atomwaffen auf deutschem Boden auffällig knappe Aussagen zur Rolle des US-Imperialismus in der Welt. Angesichts von Auf- und Umrüstung der Bundeswehr samt Umwandlung in eine Berufsarmee wurde das übergeordnete Ziel des deutschen Imperialismus kritisiert, „gegenüber der militärischen Überlegenheit des US-Imperialismus und anderer imperialistischer Konkurrenten aufzuholen“, sowie „keinerlei Unterstützung der imperialistischen und Welthegemonie beanspruchenden Politik der USA“ gefordert. Das war eine unpassende Aufforderung zur Duldung der verbrecherischen Politik des US-Imperialismus!

Diesbezüglich ist der Entwurf des Leitantrag an den 23. Parteitag („Unsere Kampffelder im Rahmen der antimonopolistischen Strategie“) weniger sachte und etwas ausführlicher. Es kommen sogar Wiederholungen vor. (Zeilen 192 bis 194: „Schließung aller NATO-, EU- und US-Militärbasen und -Kommandos, den Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel, den Stopp des US-/NATO- Truppenaufmarsches in Osteuropa“; Zeilen 217/218: „für die Schließung aller NATO-, EU- und US-Militärbasen und -Kommandos und den Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel“).

Zwar gab der 22. Parteitag noch einen Begriff von der gegenwärtigen Krise, die zunächst mal eine Überproduktionskrise sei. Ihr reinigender Charakter bleibe indes aus („Arbeit, Frieden, Solidarität“, S. 10). An dieser Stelle hätten aber Schlussfolgerungen ihren Platz gehabt. Die fällige Forderung nach der Vergesellschaftung von Banken unterblieb, wenn man nicht die undeutliche Phrase „einer maximalen Entfaltung von Klassenkämpfen, um so konkret wie möglich Banken und Konzerne ins Visier zu nehmen“ (S. 25) dafür halten soll.

Der wachsende Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung beginnt ins Massenbewusstsein zu dringen. Diesem Umstand wird im Leitantrag („Unsere Kampffelder..) Rechnung getragen. Es wird die Vergesellschaftung von Grund und Boden (Zeile 137), der Banken und Versicherungen (Zeile 137), der Energiekonzerne (Zeile 592), der privaten Wohnungsgesellschaften (Zeile 539) und der Eisenbahn (Zeile 573-575) gefordert, auch wenn ein Vorbehalt gemacht wird, dass nämlich „Verstaatlichungsmaßnahmen, insbesondere Entschädigungsregelungen, nicht zu einer zusätzlichen Bereicherung der Monopole führen dürfen (Zeile 316-318).“ Nun hat ohnehin das staatsmonopolistische System der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie die EU den Zweck, die Monopole „zusätzlich zu bereichern“. Häufig durch Privatisierung.

Wir dagegen sind gefordert, Bewegungen mit dem Ziel von Vergesellschaftung zu stärken, also Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes zu verteidigen sowie auf Art und Ausmaß der vom Grundgesetz vorgesehenen Entschädigung Einfluss zu nehmen, um letztlich die Macht der Monopole einzuschränken. Denn „die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände. In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor.“ (MEW 4, 493)

Beiläufig fällt auf, dass in weiteren Bereichen Enteignungen fällig sind: Bertelsmann ebenso wie andere Medienkonzerne, digitale Plattformen, IT-Konzerne, die Rüstungsindustrie, die Pharmaindustrie und das Gesundheitswesen – alle gehören in öffentliche Hand!

DKP Köln

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