Mit dem Vereinigungsparteitag am 21. und 22. April 1946 wurde die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) gegründet. Die Delegierten der Parteitage von KPD und SPD, die im Vorfeld in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone stattgefunden hatten, brachten ein deutliches Bekenntnis zur Einheit der Arbeiterbewegung auf marxistischer Grundlage zum Ausdruck. Dies wurde auf dem Vereinigungsparteitag in Berlin eindrucksvoll bestätigt.
Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl wurden zu gleichberechtigten Vorsitzenden gewählt. Die Beschlüsse über die Konstituierung der SED sowie die „Grundsätze und Ziele der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ und ein Manifest an das deutsche Volk wurden von den 1.055 Delegierten einstimmig verabschiedet. Das Parteistatut wurde bei 21 Gegenstimmen und 4 Stimmenthaltungen angenommen.
Am Vereinigungsparteitag nahmen 548 sozialdemokratische Delegierte (darunter 103 aus den Westzonen) und 507 kommunistische Delegierte (darunter 127 aus den Westzonen) teil. Die Delegierten aus der Sowjetischen Besatzungszone vertraten rund 680.000 sozialdemokratische und 620.000 kommunistische Mitglieder.
Die SED war mehr als ein Zusammenschluss traditionsbewusster und erfahrener Kommunisten und Sozialdemokraten. Sie widerspiegelte eine in den Volksmassen Deutschlands und Europas herrschende Erwartung, die weit über die Arbeiterklasse hinausging.
Der SED traten im ersten Jahr ihrer Existenz im Schnitt täglich 1.200 Personen bei. Auf diese Weise wurde die SED zu einer Massenpartei, die durch unzählige Fäden mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld verbunden war. Es bleibt den borniertesten Interpreten überlassen, das auf Zwang und Druck zurückzuführen.
Die den Charakter der Partei prägenden Dokumente wurden seit Dezember 1945 in einer gemeinsamen Studienkommission von KPD und SPD vorbereitet und seit Februar 1946 in den Organisationen beider Parteien beraten. In den Dokumenten wurden deren Erfahrungen seit 1918, insbesondere die bittere Niederlage der Arbeiterbewegung aufgrund ihrer Spaltung 1933, verarbeitet. Es wurden Lehren gezogen aus den Aufgaben, die notwendig waren, die Not des Volkes zu lindern. Aus ihnen erwuchs die Erkenntnis in beiden Parteien, dass nur gemeinsames Handeln gegen die Kräfte des Kapitals zum Erfolg führt. Auch in theoretischen Fragen gab es eine Annäherung auf der Basis des Marxismus. In der gemeinsamen praktischen und theoretischen Arbeit näherten sich die Einschätzungen zu den Entwicklungen in Deutschland an. Mehrheitlich gab es eine einheitliche Position zur ökonomischen und politischen Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen.
In den „Grundsätzen und Zielen“ wurden die wichtigsten Aufgaben der Partei in der damaligen Zeit formuliert. Ein zentraler Punkt war die Erhaltung der Einheit Deutschlands, die Erkämpfung der antifaschistisch geprägten parlamentarisch-demokratischen Republik. Daraus wurden die wichtigsten und nächstliegenden Aufgaben abgeleitet, die vor allem von den ökonomischen Forderungen her dem antifaschistisch-demokratischen Staatswesen das Gepräge geben sollten. Sie orientierten sich an den Beschlüssen der Alliierten auf der Potsdamer Konferenz vom Sommer 1945. Vorrangig waren die Vollendung der Befreiung und die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus. Die neue Arbeiterpartei setzte sich deshalb als Ziele die Bestrafung der Kriegsschuldigen und die Entnazifizierung des öffentlichen Lebens. Die kapitalistischen Monopole sollten beseitigt werden und die Großgrundbesitzer ihre Macht verlieren. Überdies waren die öffentlichen Betriebe, Bodenschätze und Bergwerke, Banken, Sparkassen und Versicherungen in den Besitz des Volkes zu überführen.
Diese Schritte wurden mit dem Aufbau von Selbstverwaltungsorganen auf der Grundlage demokratischer Wahlen verbunden, als deren vordringlichste Aufgaben man den Wiederaufbau der Wirtschaft sowie Reformen im Bildungs- und Justizwesen betrachtete.
Beide Parteien einte eine gemeinsame Zukunftsvorstellung – der Sozialismus. Im Programm wurde über die Gegenwartsforderungen hinaus, die noch nicht die Aufhebung des kapitalistischen Systems bedeuteten, die Vorstellung von einer sozialistischen Ordnung entwickelt, in der „die Befreiung von jeder Ausbeutung und Unterdrückung, von Wirtschaftskrisen, Armut, Arbeitslosigkeit und imperialistischer Kriegsdrohung“ gewährleistet sein wird.
In den „Grundsätzen und Zielen“ wurde in einem besonderen Abschnitt die SED in ihrem Selbstverständnis charakterisiert. Das Dokument betonte, die SED fühle sich „ihrer historischen Mission“ verpflichtet und verstehe sich als Partei der Arbeiterklasse, die „ihren Kampf nur erfolgreich führen (kann), wenn sie die besten und fortgeschrittensten Kräfte der Werktätigen vereint und durch die Vertretung ihrer Interessen zur Partei des schaffenden Volkes wird“.
Zu diesem Ansatz gehörte das innerparteiliche Prinzip, dass die Partei auf dem „demokratischen Beschlussrecht ihrer Mitglieder“ sowie „der demokratischen Wahl aller Parteileitungen und der Bindung aller Mitglieder, Abgeordneten, Beauftragten und Leitungen der Partei an die demokratisch gefassten Beschlüsse“ beruht. Das Statut bekräftigte diesen demokratischen Grundkonsens.
Am 7. Mai 1946 rief der Parteivorstand der SED in einem offenen Brief alle Sozialdemokraten und Kommunisten auf, auch in den westlichen Besatzungszonen die Sozialistische Einheitspartei zu schaffen. Auf der Kundgebung zum 1. Mai 1946 in Hamburg erklärte Max Reimann: „Der Wille zur Einheit ist so mächtig, dass darauf eine freie deutsche Republik gebaut werden kann.“ Die Bewegung für die Vereinigung der Arbeiterparteien stützte sich auch im Westen auf die Bereitschaft vieler Mitglieder der SPD und zahlloser parteiloser Arbeiter, die die Spaltung endgültig überwinden wollten. Sie hatten jedoch eine Front gegen sich, die von den westlichen Besatzungsmächten über die deutsche Reaktion bis hin zu rechten Führern der Sozialdemokratie reichte. Die Westalliierten nutzten die Regierungsgewalt, um die Vereinigungsbewegung mit Verbotsmaßnahmen zu unterdrücken. In einem Schreiben des Kommandanten der britischen Militärverwaltung des Sieg-Kreises vom 10. Mai 1946 hieß es: „1. Es liegt nicht in der Linie der Politik der Militärregierung, eine Verschmelzung der SPD mit der KPD zuzulassen, da es der Politik der SPD in der britischen Besatzungszone widerspricht. 2. Infolgedessen sind alle Versammlungen, die eine solche Verschmelzung als Ziel haben, nicht zugelassen.“ Mitglieder des Parteivorstands der SED, die in dem von den Briten besetzten Gebiet lebten, wurden aufgefordert, ihre Funktionen niederzulegen, aus der SED auszutreten oder die britische Zone zu verlassen. Ähnlich war die Lage in der amerikanischen und in der französischen Zone. Den führenden Vertretern der SED wurden die Interzonenpässe entzogen. Überdies war es im Westen nicht zu jener tiefgreifenden demokratischen Umwälzung gekommen, aus der in Ostdeutschland die Aktionseinheit der Arbeiterklasse ihre Kraft schöpfte.
Die Gründungsdokumente der SED widerspiegeln inhaltlich und hinsichtlich des demokratischen Willensbildungsprozesses das Bestreben der überwiegenden Parteimehrheit. Mit der neuen Partei war es gelungen, Kommunisten und Sozialdemokraten auf der Basis eines Programms zu vereinigen, das den Weg zur Lösung des Hauptproblems unserer Zeit, des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, wies.
In der Sowjetischen Besatzungszone rückte nach der Vereinigung von KPD und SPD der Kampf um die Entmachtung des Monopolkapitals in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung. In den westlichen Zonen machten sich Besatzungsmächte, Reaktion und die rechte Führung der Sozialdemokratie an die Wiederherstellung der Macht der Monopole – gegen den Willen der Mehrheit.
Kurt Schumachers Behauptung von der „Zwangsvereinigung“ ist bis heute wesentlicher Bestandteil der antikommunistischen Propaganda. Die Frage stellt sich, ob der Arbeiterbewegung im Osten eine gemeinsame Partei aufgezwungen wurde oder doch eher der Mehrheit des deutschen Volks im Westen die Herrschaft der Monopole aufgezwungen wurde.