Krisengewinner Amazon: US-Monopolist expandiert auf Kosten von Konkurrenten und Beschäftigten

Verdrängungsschub

Die Auswirkungen der „Corona-Krise“ sind deutlich zu spüren, das verfügbare Einkommen ist deutlich geringer. Das gilt für viele der 10,1 Millionen Beschäftigten, die laut Hans-Böckler-Stiftung in Deutschland in Kurzarbeit geschickt wurden. Das gilt aber erst recht für Selbstständige, Leih- oder Kurzarbeiter, denen oftmals nahegelegt wird, „ganz unbürokratisch“ ALG II zu beantragen.

Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Profiteuren, unter denen sich nicht nur Anbieter von Atemschutzmasken befinden. Zu ihnen gehört der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer. So teilte Bayer auf seiner Hauptversammlung Ende April mit, seinen Quartalsumsatz im ersten Viertel des Jahres um 6 Prozent auf gut 12,8 Milliarden Euro gesteigert zu haben. Der Gewinn stieg um 20 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro. Ein Teil des Erfolges ist auf einen deutlich erhöhten Absatz von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln zurückzuführen.Aber auch mit Saatgut und Pestiziden macht Bayer derzeit ein gutes Geschäft.

Am deutlichsten dürfte sich jedoch der Siegeszug des „Krisen“-Gewinnlers Jeff Bezos auswirken. Bezos und sein Monopolist Amazon drücken derzeit in hohem Tempo einen Konkurrenten nach dem anderen an die Wand. Karstadt und Co. sind schon lange keine Herausforderung mehr, der Niedergang der großen Kaufhäuser ist durch die Folgen der Pandemie aber noch einmal beschleunigt worden.

Das Vermögen Bezos‘ ist seit Beginn der „Corona-Krise“ um beachtliche 24 Milliarden US-Dollar gestiegen, auf nun 138,5 Milliarden. Der Wert seiner Amazon-Aktien stieg in den letzten sechs Monaten um fast 40 Prozent. Die Lieferzeiten für Teile des Amazon-Angebots verlängerten sich zwar zeitweise auf mehr als eine Woche, aber auch das hat Bezos als Chance genutzt. Der Konzern versucht derzeit, auch die Händler vom Markt zu verdrängen, die auf der eigenen Plattform ihre Waren anbieten. Da diese „Dritthändler“ ihre Waren oftmals in Amazon-Warenhäusern einlagern, ist Amazon in der Lage, eigene Bestellungen vorzuziehen. Und genau dies werfen die „Dritthändler“ Amazon vor. Der US-Konzern behauptet dagegen, Waren nach Bedarf zu priorisieren – so zum Beispiel Lebensmittel und Hygieneprodukte.

Den Expansionskurs bekommen auch die Beschäftigten bei Amazon zu spüren. In einem Amazon-Versandzentrum in Winsen bei Hamburg hatten sich laut „amazon watchblog“ 68 der 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Covid-19 infiziert. Beschäftigte kritisierten die Schutzmaßnahmen, die Gewerkschaft ver.di forderte die Schließung des Lagers. Forderungen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gegenüber stellt sich der US-Konzern jedoch prinzipiell taub. Und so verwundert es kaum, dass Amazon einem Beschäftigten die Kündigung aussprach, der Ende April gemeinsam mit 60 Kolleginnen und Kollegen eines Warenlagers in New York gegen die unzureichenden Schutzmaßnahmen protestiert hatte, nachdem ein Arbeiter positiv auf Covid-19 getestet worden war. Gründliche Hygiene-Maßnahmen passen nicht zum rasanten Expansionskurs des Online-Händlers.

Ralf Kleber, Chef von Amazon Deutschland, sagte kürzlich im „digitec“-Podcast der „FAZ“: „Wir alle lieben die Vielfalt“ und es sei „absurd“, in der Krise nach „Gewinnern zu suchen“, während „Hunderttausende sterben“. Doch genau das ist der Punkt. Corona hat ein Stück Zukunft spürbar werden lassen: Während die Läden in der City geschlossen haben, liefert Amazon alles, was der Mensch braucht … zu Monopolpreisen natürlich.

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"Verdrängungsschub", UZ vom 15. Mai 2020



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