Bantelmann bleibt. Seit 36 Jahren hat der kuriose Restpostenladen im Kreuzberger Wrangelkiez wohl so manchem aus der Patsche geholfen. Bantelmann hat einfach alles. Ende März sollte zwangsgeräumt werden. Nach wöchentlichen Kundgebungen und Demonstrationen ist die Kündigung vom Tisch. Der neue Mietvertrag hat eine Laufzeit von drei Jahren, die Verkaufsfläche ist um die Hälfte reduziert, die Miete gleichgeblieben. Dass solche Sauereien als Erfolg gefeiert werden müssen, wirft ein Schlaglicht auf die miese Situation.
Ebenfalls in Berlin-Kreuzberg sind das Café Filou, der Buchladen Kisch und Co. und die Lause 10/11 von der Räumung bedroht. Im Gebäudekomplex Lausitzer Straße 10/11 finden sich neben zahlreichen Wohnungen das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz), das Umbruch-Bild-Archiv und das „kritische und alternative Fernsehen“ Left Vision, das auch für die DKP mehrere Wahlspots gedreht und geschnitten hat.
Die Häuser sind vor zehn Jahren von der SPD/Linkspartei-Regierung für drei Millionen Euro an die dänische Immobilienfirma Taekker verkauft worden. Nun werden sie für 19 Millionen weitergereicht. Ein Beispiel von vielen. Neben Gewerbetreibenden sind ungezählte BerlinerInnen von Zwangsräumungen bedroht, weil die Mieten zu hoch sind.
Im Abgeordnetenhauswahlkampf im Herbst 2016 waren Zwangsräumungen mal kurz tabu. Der bedrohte Kreuzberger Laden für Revolutionsbedarf, M99, wurde vorerst verschont. SPD, Linkspartei und Grüne übertrafen sich auf ihren Wahlplakaten im Mieterschutz, versprachen günstigen Wohnraum für alle und wurden gewählt.
Zwölf Tage nach Amtsantritt von Rot-Rot-grün sicherten Hunderte Polizisten mit 40 Wannen, Hamburger Gittern und Hundestaffel am 20. Dezember die Zwangsräumung von Tom in der Skalitzer Straße. Er hatte 30 Jahre in der Wohnung gelebt und ist nun obdachlos. Berlins neue Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) nannte den Vorgang „bedauerlich“, doch die Rechtslage lasse keine andere Lösung zu.
Für Mieterinnen und Mieter heißt das: Selber tun!
• Sich Organisieren und Zusammenschließen. Nicht still und leise die Wohnungen verlassen, sondern Nachbarn und Freunde informieren. Helfen, wenn es nebenan soweit ist. Gemeinsam, solidarisch und angesichts massiver Polizeigewalt auch mutig versuchen, Zwangsräumungen zu verhindern.
• Dem Senat auf die Pelle rücken! Angesichts von 125 000 fehlenden Wohnungen verspricht der Koalitionsvertrag den Bau von im Durchschnitt 6 000 Wohnungen im Jahr durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften. Und schon jetzt ist klar: 2017 wird das nicht klappen. Lompscher: „Die Erwartungen werden immer größer sein, als die Politik sie realisieren kann. Auch Bauen geht nicht von heute auf morgen.“ Apropos landeseigene Wohnungsgesellschaften bzw. was nach der rot-roten Privatisierungsorgie davon übrig ist: Rot-rot-grün hatte versprochen, zumindest in den Sozialwohnungen keine Mieterhöhungen mehr zuzulassen. Im Koalitionsvertrag wurden daraus „nur“ zwei Prozent im Jahr. Im Januar bekamen etliche SozialmieterInnen der Degewo einen Aufschlag von acht bis 15 Prozent.
• Die privaten Miethaie ins Visier nehmen! Die DKP Berlin lenkt den Blick auf die Deutsche Wohnen (DW). Anfang März feierte sie die Übernahme weiterer 4 000 Wohnungen in der Hauptstadt. Gegründet von der Deutschen Bank, um auch auf dem Wohnungsmarkt Rendite zu erwirtschaften, will die DW bundesweit der größte Privatbesitzer von Wohnraum werden. In Berlin ist sie das schon.
Deutsche Wohnen steht für horrende Mieterhöhungen in ehemaligen Sozialwohnungen, Entmieten durch unnötige Modernisierung auf Kosten der Mieter und das Verweigern nötiger Reparaturen, zum Beispiel der Heizungen. Den Monopolstatus verdankt sie der Senatspolitik. Zum Bestand gehören Häuser der ehemals gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften GSW, Gehag und etliche Eisenbahnerwohnungen.
Zum Abschluss nochmal Frau Sachzwang: „Käufe und Verkäufe von Wohnungsgesellschaften sind leider nicht zu verhindern.“ (Katrin Lompscher laut Tagesspiegel am 6. März)