Nachdem das ehemalige RAF-Mitglied Daniela Klette Ende Februar dieses Jahres nach einer jahrzehntelangen und aufwändigen Fahndung in Berlin aufgespürt und festgenommen wurde, laufen die Ermittlungen weiterhin auf Hochtouren. Die Repressionsbehörden möchten nun auch Burkhard Garwegs und Volker Staubs habhaft werden, um ein für sie peinliches Kapitel abzuschließen. Und um sich als Sieger zu präsentieren, wenn sie die letzten beiden ehemaligen RAF-Mitglieder endlich geschnappt haben.
In diesem Zusammenhang hat die Bundesanwaltschaft bereits Dutzende Menschen als Zeuginnen und Zeugen vorgeladen, die mit der Androhung von Ordnungsgeldern und Beugehaft zu Aussagen gebracht werden sollen. Teilweise waren vollkommen banale Anlässe wie ein früherer Wohnsitz in der Hamburger Hafenstraße Grund genug für eine Vorladung. Natürlich versucht die Behörde auch, die politische Gefangenschaft von Klette auszunutzen, um das ehemalige oder vermutete Umfeld auszuleuchten, einzuschätzen und womöglich einzuschüchtern.
In den ersten Tagen nach Danielas Verhaftung gab es eine Serie von Hausdurchsuchungen mit einem martialischem Großaufgebot schwerstbewaffneter Polizei in Wohnungen und auf Wagenplätzen. Seit einer Weile gehen die Behörden anders vor.
Nachdem Klette die ersten Wochen in totaler Isolationshaft verbringen musste, wurden die Haftbedingungen etwas gelockert. Inzwischen sind auch Besuche möglich. Wer von diesem Recht Gebrauch macht, muss allerdings damit rechnen, eine Zeugenvorladung der Bundesanwaltschaft zu erhalten. Dafür reicht auch schon die reine Antragstellung. Der Besuch muss nicht stattfinden, um das Interesse der Staatsanwälte zu wecken.
Kontakte werden systematisch behindert und Besuche werden nicht nur intensiv überwacht, sondern auch erschwert. Viele Besuchsanträge werden mit hanebüchenen Begründungen abgelehnt. Bei der Erfindung angeblicher Gefahren kennen die Behörden keine Grenzen und fantasieren beispielsweise von angeblichen Ausbruchsüberlegungen und geplanten Befreiungsaktionen. Das Mittel der Zeugenvorladung wird dabei auch zur Abschreckung genutzt, um die Zahl der Besuche zu reduzieren und die Isolation zu verdichten.
Auch Solidaritätsgesten werden erwartungsgemäß mit allen erdenklichen Mitteln verfolgt. So verlor die Anmelderin von Kundgebungen vor der Justizvollzugsanstalt Vechta, in der Klette einsitzt, ihren Arbeitsplatz. Inzwischen wurde sie ebenfalls als Zeugin vorgeladen. Durch massive Überwachung und mediale Hetze werden Solidaritätsaktionen vor dem Gefängnis bedrängt, sodass es nur wenige Menschen wagen, an den Versammlungen teilzunehmen.
Da, wo Menschen sich nicht abschrecken lassen und zu Kundgebungen gehen oder Besuche beantragen, werden Schwachstellen gesucht, wird versucht, irgendetwas herauszufinden. Was dagegen hilft, ist linken Bewegungen seit Jahrzehnten bekannt. Zum einen die Solidarität dem Druck zum Trotz aufrechtzuerhalten, zum anderen die Aussageverweigerung gegenüber den Repressionsbehörden. Dabei geht es um eine linke Grundhaltung, die unabhängig von Zeiträumen, Organisationszugehörigkeit, Aktionsformen und politischen Analysen funktioniert. Das macht den Repressionsbehörden ihre Arbeit schwer und deswegen reagieren sie so allergisch darauf.
Im kommenden Jahr soll Klette wegen der angeblichen Beteiligung an Banküberfällen vor Gericht stehen. Dass die konkreten Beweise für ihre Beteiligung offensichtlich ziemlich dünn sind, soll durch tonnenschwere Aktenberge wettgemacht werden, wie es in politischen Verfahren üblich ist. Vermutlich wird es eine gut koordinierte staatliche Inszenierung des Prozesses geben. Es wäre wünschenswert, wenn auf den Zuschauerbänken viele Prozessbeobachterinnen und -beobachter sitzen, um auf die Einhaltung von Grundrechten und Gesetzeslage zu achten – trotz der Gefahr, Vorladungen oder anderen Schikanen ausgesetzt zu sein.