Zur Hatz auf die israelische Zeitung „Haaretz“

Verbraucherschutz

Eine Zensur findet statt – für israelische Medien gilt dieser Satz immer, wenn es um militärische Angelegenheiten, um Krieg, um Atomwaffen oder Luftangriffe auf Syrien, Iran oder Jemen geht. Arabische Medien wurden in Israel besonders unter Kuratel gestellt.

Im September schaltete die israelische Regierung den Sender Al-Dschasira auf der Westbank ab, nachdem er im Mai bereits in Israel verboten worden war. Der libanesische Sender Al-Mayadeen wurde sogar schon im November 2023 in Israel abgeschaltet, weil er den Inte­ressen „des Feindes“ gedient habe. Damals geriet auch die legendäre „umfassend liberale“ Zeitung „Haaretz“ in den Fokus der Regierung. Kommunikationsminister Shlomo Karhi verlangte Sanktionen gegen die Zeitung, weil sie „defätistische und falsche Propaganda gegen Israel in Kriegszeiten“ betreibe. Tatsächlich berichten israelische Medien wie „Haaretz“ gelegentlich kritischer über Vorgänge in Israel, als es in Deutschland vorstellbar – und zulässig – wäre.

Jetzt hat Amos Schocken, seit 1990 Herausgeber von „Haaretz“, den unverhüllten Hass der Regierung auf sich gezogen. Er sprach in London von Apartheidpolitik Israels auf der Westbank und von „Freiheitskämpfern“, die Israel Terroristen nenne. Als einzige Möglichkeit, eine Zweistaatenlösung durchzusetzen, forderte er Sanktionen gegen Israel. In den Augen der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten hat er sich damit wohl des Antisemitismus schuldig gemacht.

Der Minister für Angelegenheiten der Diaspora beendete umgehend alle Geschäftsbeziehungen zu „Haaretz“. Shlomo Karhi sprach sich erneut dafür aus, Anzeigen und eine Vielzahl von Abonnements durch staatliche Institutionen zu kündigen. Dabei hatte er eine besonders unkonventionelle Begründung: Verbraucherschutz. Mit den Sanktionen würde der Druck verringert, den israelische Bürger fühlen, solange sie gezwungen seien, mit ihren Steuergeldern die Zeitung mitzufinanzieren. Zugleich würde mit diesen rein wirtschaftlichen Maßnahmen die Meinungsfreiheit nicht unangemessen angegriffen.

Die Drohungen und Sanktionen haben Wirkung gezeigt. Schocken hat mittlerweile seine Aussage zu den „Freiheitskämpfern“ relativiert. Eine politische Zensur findet also nicht statt – lediglich wirtschaftliche Sanktionen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Verbraucherschutz", UZ vom 15. November 2024



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit