Unter dem Motto „Stärke. Vielfalt. Zukunft.“ fand vom 20.09. bis 26.09.15 der Kongress von ver.di – der größten Dienstleistungsgewerkschaft der Welt – in Leipzig statt. Rund 900 Delegierte, die gut 2,2 Millionen Mitglieder vertreten, befassten sich mit rund 1 300 Anträgen zur zukünftigen Politik.
Die Stimmung des Kongresses war geprägt von Solidarität mit den in die BRD Geflüchteten. Und nicht nur in Worten, auch Taten erfolgten konkret. Unmittelbar neben dem Ort des Kongresses gab es eine Erstaufnahmeeinrichtung von bis zu 2 000 Geflüchteten. Nachdem mehrere Geflüchtete über die aktuelle Situation in der Einrichtung dem Kongress berichteten, u. a. von zu wenigen sanitären Anlagen und Waschmöglichkeiten, spendete ver.di 10 000 Euro an den Betreiber der Einrichtung sowie darüber hinaus Kinderbücher für die rund 500 geflüchteten Kinder. Die Landesregierung wurde aufgefordert, den Informationsfluss zu den Geflüchteten zu verbessern.
Während des Kongresses versuchte ein Pegida-Ableger in Leipzig zu Demonstrationen aufzurufen. Dem folgten rund 150 Neo-Nazis, denen sich u. a. mehrere hundert ver.di-Mitglieder in den Weg stellten. Bei einer Aktion wurden TeilnehmerInnen unrechtmäßig durch die Polizei eingekesselt. ver.di forderte daraufhin in einer scharfen Erklärung Aufklärung.
Zur „Wirtschaftsdemokratie“ wurde beschlossen, nun innerhalb von ver.di eine breite Diskussion über alternative gesellschaftliche Vorstellungen zu beginnen. Bezeichnend ist, dass der Kongress zwar die Diskussion, nicht aber die inhaltlichen Vorstellungen des Antragstellers – hier des Gewerkschaftsrats – beschlossen hat. Diese bewegten sich im Wesentlichen im Bereich der Unternehmensmitbestimmung und vor allem innerhalb des kapitalistischen Systems, in dem die Eigentumsfrage erst dann gestellt werden müsste, wenn „… Märkte, Wettbewerb und Privateigentum keine Wohlfahrt stiften…“.
Mit Händen und Füßen sträubten sich Gewerkschaftsrat und Antragskommission, beim Thema Arbeitszeitverkürzung eine genaue Zahl zu benennen. Dennoch wurde auch hier beschlossen, innerhalb der Organisation eine breit angelegte Diskussion zu beginnen. Dieses natürlich auch vor dem Hintergrund, dass durch die „Digitalisierung von Arbeit“ enorme Produktivitätsfortschritte erreicht werden, an denen die Beschäftigten durch eine Verkürzung der Arbeitszeit teilhaben sollten.
Durch den Kongress wurde auch die Position von ver.di zu TTIP und CETA konkretisiert: ver.di lehnt CETA ab und fordert, die Verhandlungen zu TTIP abzubrechen. Dieses wird dadurch unterstrichen, dass auch ver.di seine Mitglieder zur Demonstration am 10. Oktober in Berlin aufruft.
Olaf Harms ist neugewähltes Mitglied im ver.di-Gewerkschaftsrat