Die Rechtsparteien in Venezuela haben eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Bei den am vergangenen Sonntag durchgeführten Regionalwahlen in den 23 Bundesstaaten des südamerikanischen Landes konnten sie nur fünf der Regionen für sich entscheiden, 18 Gouverneursposten stellt künftig die Vereinte Sozialistische Partei (PSUV).
Im Vergleich zu den Regionalwahlen vor fünf Jahren bedeutet das Ergebnis zwar, dass die PSUV künftig zwei Bundesstaaten weniger regiert als bisher und insbesondere der Verlust von Zulia und Táchira an der Grenze zu Kolumbien tut weh. Doch nach den monatelangen Protesten der rechten Opposition und den anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten hatten die Meinungsforschungsinstitute in den vergangenen Wochen einen Triumph der Rechten erwartet. Die Rede war davon, dass die PSUV nur fünf Bundesstaaten gewinnen, während 18 an die Opposition fallen würden. Als Unsicherheitsfaktor, der den Erfolg der Opposition gefährden könnte, wurde nur die möglicherweise geringe Wahlbeteiligung genannt. Unterstützer des rechten Lagers könnten zu Hause bleiben, weil sie mit der Beteiligung am Urnengang generell nicht einverstanden wären, mutmaßten die Demoskopen.
Es kam anders: 51,7 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf die PSUV, sie gewann drei Viertel aller Bundesstaaten. Und das lag nicht an der zu geringen Wahlbeteiligung, denn die war mit über 61 Prozent überraschend hoch, sieben Punkte über der Beteiligung bei der letzten Wahl 2012.
Eleazar Díaz Rangel, Chef der Tageszeitung „Últimas Noticias“, sieht die Abstimmung als eine Botschaft der Wähler an die Opposition. Die Stimmen seien gegen die Gewalt gerichtet gewesen und sollten verhindern, dass sich Ereignisse wie in den vergangenen Monaten wiederholen. Vor allem in von der Opposition kontrollierten Regionen war es über Wochen zu gewaltsamen Protesten gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro gekommen, bei Straßenschlachten, Plünderungen und Überfällen starben insgesamt fast 200 Menschen.
Die Opposition hatte mit ihrer Kampagne den sofortige Sturz des Staatschefs erzwingen wollen. Dieser antwortete mit der Einberufung der Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung, die Ende Juli stattfand. Diese wurden zum Wendepunkt, denn acht Millionen Wählerinnen und Wähler bei dieser von den Rechten bis zuletzt bekämpften Abstimmung waren ein klares Signal, dass der Chavismo noch über eine starke Basis verfügt.
Eine grundsätzliche Analyse der Ursachen der Wahlniederlage wird das Oppositionsbündnis MUD (Tisch der demokratischen Einheit) nicht vornehmen, stattdessen erheben die führenden Vertreter der Rechtsallianz erneut Fälschungsvorwürfe gegen den Nationalen Wahlrat (CNE). Belegen können sie diese nicht.
„Dies ist eine Lektion, die Venezuela der Welt über die Demokratie erteilt. In irgendeiner Weise muss man im Ausland verstehen, dass es in Venezuela keine Diktatur gibt“, fordert Díaz Rangel die internationale Gemeinschaft auf. Bei den Unterstützern der venezolanischen Opposition in den USA und in Europa stößt er damit weiter auf taube Ohren. Die EU bereitet derzeit Sanktionen gegen Caracas vor. In Brüssel scheint man noch immer den Lügen zu glauben, die man selbst in die Welt gesetzt hat.
Strategisch wichtig für das linke Lager in Venezuela ist, dass es zum ersten Mal den Bundesstaat Miranda gewinnen konnte. Zu diesem gehören wichtige Teile der Hauptstadt Caracas, unter anderem die Mittelschichtsviertel Altamira und Chacao. Diese waren in den vergangenen Monaten immer wieder Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen militanten Oppositionellen und den Sicherheitskräften gewesen. Der bisherige Gouverneur Henrique Capriles Radonski weigerte sich, dem Treiben der extremen Rechten in seinem Bundesstaat das Handwerk zu legen – und unter dem als sein Nachfolger kandidierenden Carlos Ocariz wäre das kaum besser geworden. Nun übernimmt der frühere Jugendminister Héctor Rodríguez von der PSUV die Regionalregierung von Miranda. In Barinas wurde Argenis Chávez, ein Bruder des verstorbenen früheren Präsidenten Hugo Chávez, zum neuen Gouverneur gewählt.
In nahezu allen Bundesstaaten war es den linken Parteien gelungen, sich auf gemeinsame Kandidaturen im Rahmen des „Großen Patriotischen Pols“ zu einigen. Lediglich in Apure stellte sich die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) gegen den Kandidaten der PSUV, Ramón Carrizalez, dem sie eine arbeiterfeindliche Politik vorwarf. Carrizalez konnte sich zwar mit knapp 52 Prozent der Stimmen durchsetzen, doch die PCV konnte in dem Bundesstaat mit gut 14 Prozent einen Achtungserfolg erringen. In den anderen Bundesstaaten, in denen sie die Kandidaten der PSUV unterstützten, kamen die Kommunisten auf Ergebnisse zwischen zwei und vier Prozent. Der internationale Sekretär der PCV, Carolus Wimmer, sieht in diesen Resultaten einen klaren Erfolg der Kommunisten. Man habe deutlich an Stimmen hinzugewonnen und stelle unangefochten die zweitstärkste Kraft im chavistischen Bündnis dar.