Zum Wirtschaftskrieg der USA gegen die VR China

USA eher second

Von Klaus Wagener

Es läuft nicht wirklich gut mit Donald Trumps „America first!“. Zwar haben „die größten Steuersenkungen in der Geschichte“ die Reichen noch reicher gemacht und das Wall-Street-Casino zu neuen Höhenflügen angefeuert, aber die Infrastruktur zerbröselt im reichsten und besten aller Länder ungebremst weiter. Bildung, Gesundheit, Sicherheit ist in Gottes eigenem privatisierten Staat eine Sache des Geldes. Und Geld ist knapp, wenn statt qualifizierter Arbeit vor allem Billigjobs geschaffen werden.

Die soziale Spaltung schreitet ebenso voran wie die Staatsverschuldung. 22 Billionen Dollar werden es im März 2019 sein. Für das Haushaltsjahr 2019 wird ein Defizit von einer Billion Dollar oder mehr erwartet. Wird das Billionen-Defizit tatsächlich zur Normalität, wie viele erwarten, könnte die 30-Billionen-Marke schon Ende des zweiten Drittels der 2020er Jahre geknackt werden. Der wachsende Druck auf die Zinsen könnte dann zu Zinskosten von mehr als einer Billion Dollar im Jahr führen.

Bislang hat das Imperium einen Großteil seiner Staats- und Kriegskosten über den Dollar exportieren können. Fällt allerdings das Privileg, die globale Reservewährung ungehemmt drucken zu können – und hieran arbeiten Chinesen wie Russen intensiv – sähe es überraschend finster aus, in „Gods own Country“.

Die gegenwärtige Wachstumsrate des US-Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegt zwar bei 3,5 Prozent. Aber was sagt diese durch steigende Profite aufgeblähte BIP-Kennziffer über das tägliche Leben der abhängig Beschäftigten? Über die maroden Brücken, Straßen und Schulen? Die Wall Street steht für 20 Prozent des BIP, doppelt so viel wie die gesamte US-Industrie. Nach Kaufkraftparität gerechnet hat die Volksrepublik China die USA nach IWF-Zahlen auch im BIP-Vergleich (23,1 Bio. Dollar zu 19,3 Bio. Dollar) längst in den Schatten gestellt. China hat in 20 Jahren ein weltweit einzigartiges Netz für seine Hochgeschwindigkeitszüge von 27 000 Kilometern gebaut, im alten Eisenbahnland USA war es kein einziger. Während Trump zwar eine Billion innerhalb von zehn Jahren für die Infrastruktur versprochen hat, investierte die Volksrepublik in 2017 laut „Economist“ ganz real 2,6 Billionen Dollar in seine Infrastruktur. Mit der „Belt and Road Initiative“ (Neue Seidenstraße) ist geplant, die Verkehrsinfrastruktur in mehr als 60 Staaten Asiens, Europas und Teilen Afrikas auszubauen. Das Technologie-Programm „Made in China 2025“ will das vor wenigen Jahrzehnten noch rückständige Land auch technologisch an die Weltspitze katapultieren.

Der von der Trump-Regierung losgetretene Handelskrieg sollte die in der Tat unterirdische US-Handelsbilanz wieder auf Kurs bringen. Das ist gründlich misslungen: Das Defizit in Handel und Dienstleistungen steigt rasant an und erreichte im Oktober 2018 ein Allzeithoch von monatlich 55,5 Milliarden Dollar. Beim Warenverkehr liegt das US-Defizit sogar bei monatlich 78,1 Mrd. Dollar. Hohe Zölle allein bauen noch keine Fabriken.

Diese wenig erbauliche Erfolgsbilanz des „Make America great again“ mag den Hintergrund dafür liefern, dass die US-Regierung nun zum offenen Krieg gegen die chinesische IT-Branche bläst. Die US-Dominanz auf diesem Gebiet ist das Rückgrat der US-Globalüberwachung. Auch wenn man sich hier gern leger gibt, Silicon Valley ist seit den 1940ern integraler Bestandteil der US-Kriegsmaschine. Den Erfolg des chinesischen Technologie-Konzerns Huawei versteht Washington als strategische Herausforderung. So, dass man nun zu Methoden der Wegelagerei und des Kidnapping gegen Funktionsträger der Konkurrenz greift. Die „Five Eyes“-Staaten (England, Kanada, Australien und Neuseeland), die mit den USA bei der Globalüberwachung eng kooperieren, bilden die Speerspitze. Es ist eine Art Komplott gegen die chinesische Konkurrenz, speziell gegen Huawei.

Für Deutsch-Europa stellt sich wieder einmal die Frage der Souveränität und der tatsächlichen Unabhängigkeit von US-amerikanischen Vorgaben. Möglich, dass es den „Five Eyes“ gelingt, Huawei von wichtigen Märkten und von der Versorgung mit den leistungsfähigsten High-End-Chips abzuschneiden. Soweit bekannt haben die Chinesen noch nicht die Fähigkeit, diese wichtigen Bauteile selbst zu produzieren. Aber zu einem hohen Preis. Anders als die Cocom-Boykotte gegen die damals technologisch rückständige SU, geht es nun um den Boykott elaborierter Produkte des Weltmarktführers wie das Superspeed-Netz 5G. Vor allem die Bundesrepublik, technologisch-infrastrukturell eher untere Mittelklasse, würde noch weiter in Rückstand geraten. Es wäre der berühmte Schnitt ins eigene Fleisch, der langfristig den eigenen Abstieg eher beschleunigen würde.

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"USA eher second", UZ vom 4. Januar 2019



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