Donald Trumps Äußerung über die eventuelle Einführung von Zöllen für mexikanische Produkte löste in Mexiko eine große Diskussion aus. Trotz der Lächerlichkeit des von Trump angegebenen Grundes (Mexiko tue nicht genug, um Migranten auf dem Weg in die USA zu stoppen), zeigte diese Mini-Krise Mexikos Platz in der Weltpolitik.
Die Vereinbarung, die Trump mit der vom Außenminister Marcelo Ebrard geführten mexikanischen Delegation geschlossen hat, ist nicht das Ergebnis von Verhandlungen.
Sie ist Resultat einer Reihe von nicht erwünschten Anforderungen, die der mexikanischen Regierung auferlegt wurden.
Die Anwendung solcher Sanktionen durch die USA ist nichts Neues. Sie ist einfach nur eine Waffe in ihrem umfangreichen Erpressungsarsenal. Länder, die darunter leiden, sind Syrien, Russland, Iran, Venezuela, Nordkorea, Irak und natürlich Kuba, das dies schon am längsten zu ertragen hat. In Zeiten des wirtschaftlichen und militärischen Niedergangs der USA haben die Sanktionen als Erpressungsmittel an Bedeutung zugenommen.
Manche Länder haben die Macht, gegen diese Angriffe zu kämpfen. Mexiko hat aber nach 30 Jahren Privatisierungen und Deindustrialisierung weder die militärische, technologische, industrielle oder kybernetische Unabhängigkeit, noch die Infrastruktur oder den starken nationalen Binnenmarkt, um einer solchen wirtschaftlichen Sabotage zu begegnen.
Aus diesem Grund setzt der mexikanische Präsident Obrador auf die Wiederherstellung von Mexikos Souveränität, eine Reindustrialisierung, die Entwicklung der Produktivkraft und die Verstärkung des Binnenmarkts. Und deswegen hat er entschieden, die neue Ölraffinerie in „Dos Bocas“ allein mit staatlichem Kapital aufzubauen. Dies lässt private nationale und ausländische Investoren aus dem Spiel.
Diese Entscheidung hat im Weißen Haus die Alarmglocken läuten lassen. Wenn Obradors Wirtschaftspolitik weiter dieser Richtung folgt, würde das bedeuten, dass sie gegen US-amerikanische imperialistische Interessen, wie sie in der Monroes Doktrin formuliert sind, verstoßen würden. Es ist möglich, dass Trumps Drohungen eher darin ihre Ursachen haben als in der Migration in die USA.
Obradors Entscheidung wird sowohl von der Reaktion als auch von der radikalen Linken als Kapitulation bezeichnet. Die Argumente der mexikanischen Rechten sind voll von Doppelmoral. Sie haben Obrador früher kritisiert, weil er nicht genug gegen illegale und „kriminelle“ Immigranten getan habe. Jetzt veurteilen sie, dass er die neu aufgestellte Nationalgarde gegen sie benutzen wird. Von verschiedenen Linksgruppen heißt es, dass auch Obrador wie seine Vorgänger gegen Migration kämpfen wird.
Illegale Immigranten wurden immer von den USA nach Mexiko zurückgeschickt, auch ohne Mexikos offizielles Einverständnis. Die Nationalgarde wurde für allgemeine Sicherheitsaufgaben geschaffen, Grenzkontrollen sind nur eine davon.
Obrador hat angekündigt, allen zukünftigen illegalen Migranten im Kindesalter die mexikanische Staatsangehörigkeit, Bildung und Arbeit zu geben. Wenn es ihm gelingt, neue Verhandlungen über Migranten aus Mexiko zu erreichen, würde er politisch davon profitieren und all diesen Leuten eine neue Chance bieten. Nur so könnte er beweisen, dass er erpresst wurde, aber auch, dass er die Rechte der Menschen schützt. Eine gute Chance für Obrador. Manchmal gewinnt man in der Niederlage. Momentan steht es 0 : 1 für die USA.