David Koch war nicht irgendwer, aber der Tod des 79-Jährigen hat hierzulande keine allzu fetten Schlagzeilen verursacht. Dabei gehörte er zu den führenden Milliardären der USA. Kochs Vermögen wurde für die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt 2019 auf mehr als 50 Milliarden Dollar geschätzt. Damit war er, einen Platz hinter seinem älteren Bruder Charles, der elftreichste Mann der Welt. Gemeinsam mit Charles besaß und managte er den größten Privatkonzern der USA, die „Koch Industries.“
Deren Jahresumsatz wird auf rund 100 Milliarden Dollar geschätzt. Das ist mehr als beim IT-Giganten Microsoft. Das Koch- Konglomerat mit Sitz in Wichita, Kansas, beschäftigt weltweit 70 000 Mitarbeiter in 60 Ländern. Der Konzern besitzt Ölraffinerien und Pipelines, stellt Einwegbecher, Düngemittel und Holz her. Doch das ist längst nicht alles, was man zu Koch-Industries sagen kann.
Über den Konzerngründer und Vater der Koch-Brüder findet man auf wikipedia folgende Information: In den Jahren 1934 und 1935 war er am Bau der Eurotank-Raffinerie in Hamburg, einer der größten Ölraffinerien des Dritten Reichs, beteiligt. Und in seinem 1960 erschienenen Buch „A Business Man Looks at Communism“ beschreibt er die Sowjetunion als ein „Land mit Hunger, Armut und Terror“. Die Internetausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ bemerkt zu den „dunklen“ Praktiken des Konzerns: „Immer wieder war der Konzern in Strafprozesse verwickelt, unter anderem wegen Öldiebstahls, Umweltvergehen und mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen. Zwischen 1999 und 2003 musste Koch Industries Strafzahlungen von insgesamt 400 Millionen Dollar leisten.“
Doch die Gebrüder Koch begnügten sich nicht mit der Rolle von Wirtschaftsbossen. 1980 trat David Koch als „Running Mate“, das heißt, als Vizekandidat, von Edward E. Clark für die außerhalb der USA kaum bekannte „Libertäre Partei“ bei den Präsidentschaftswahlen an. Deren politische Forderungen waren und sind Ausdruck eines exzessiv „frei-marktwirtschaftlichen“ und „selbstregulierenden“ Ökonomie- Verständnisses, eines „Laissez-faire-Kapitalismus“. Sie umfassen nicht nur niedrigere Steuern vor allem für die Vermögenden, sondern die Abschaffung staatlicher Einrichtungen – von Schulen bis hin zur Bundespolizei, dem FBI – oder das Recht auf unregulierten Waffenbesitz.
Clark und Koch erzielten damals mickrige 1,1 Prozent der Wählerstimmen. Die Koch-Brüder orientierten sich danach taktisch neu: In den nächsten Jahrzehnten unterstützten sie nach Davids Wahlschlappe die wichtigsten und konservativsten Präsidentschaftskandidaten, Senatoren, Kongressabgeordneten und sonstigen Spitzenpolitiker. 2010 spendete laut der Seite „OpenSecrets“ kein Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie mehr. Allein im Wahlkampf 2016 investierten die Kochs laut wikipedia sagenhafte 900 Millionen Dollar. Zu den von ihnen mit Millionensummen unterstützten Politikern gehörten der Vizepräsident Mike Pence und Scott Pruitt, ein erklärter Klimawandelleugner und US-Umweltminister 2017 bis Juli 2018. Gegenüber Trump blieben sie jedoch auf Distanz. Die Koch-Brüder pumpten Millionen Dollar in die ultrakonservative Tea-Party-Bewegung innerhalb der Republikanischen Partei. Sie animierten die Bewegung dazu, ihr Interesse auf die globale Erwärmung zu lenken.
Laut Greenpeace flossen für diesen Zweck zwischen 1997 und 2008 fast 48 Millionen US-Dollar von Koch Industries in die Arbeit von Organisationen, zu deren Aufgabe auch die Verbreitung von „Klimaskeptizismus“ im Sinne der Relativierung und Leugnung des beschleunigten Klimawandels gehört. Nachdem Ende der 2000er Jahre die Finanzierung von Klimaleugnergruppen unter anderem durch Koch Industries und Exxon öffentlich gemacht wurde, ging die Zahl direkter Zuwendungen deutlich zurück, während die Finanzierung durch den „Donors Trust“ rapide anstieg. Dieser leitet Spenden anonym weiter, wodurch ihre ursprüngliche Herkunft nicht mehr nachweisbar ist.
Zur Charakteristik Kochs meint die „Süddeutsche Zeitung“ (24. 8.) in einer Meldung zu seinem Ableben: „Die Steuersenkungs- und Deregulierungspolitik, die zum Markenkern der Republikaner geworden ist, geht zu einem Gutteil auf ihn zurück. Gleiches gilt für die Ablehnung, auf die der Klimaschutz in weiten Teile der Partei trifft: David Koch förderte Forscher, die Zweifel an der vom Menschen verursachten Erderwärmung säten.
Kochs ideologische Überzeugungen vermischten sich dabei mit Geschäftsinteressen. Der Koch-Konzern ist im Öl- und Gasgeschäft tätig, in der Chemie- und Düngemittelfabrikation, im Rohstoffhandel und in der Agrarindustrie. Weniger staatliche Auflagen, etwa beim Arbeiter- und Umweltschutz, bedeuteten für die Koch-Brüder, deren Vermögen auf 31 Milliarden Dollar geschätzt wird, mehr Profit.“
Klimawandel-Leugner Koch verkörperte also wie kaum ein zweiter die Aktualität des durch Marx berühmt gewordenen Zitates des englischen Gewerkschafters T. J. Dunning: „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; … für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“