Der rechten Politikerin Leyla Bilge zu bescheinigen, dass ihr „der Übertritt zum Christentum wohl eine namhafte Anzahl Hirnzellen gekostet hat“, ist unserer sozialistischen Wochenzeitung unwürdig. Selbstverständlich sind weder Antireligiöses noch im Besonderen christenfeindliches Sektierertum bisher Markenzeichen der Partei oder der Zeitung gewesen. Gerade deshalb erschließt sich mir nicht, was eine solche Avance an eine ziemlich dumpfe Art „religionskritischer“ Polemik bezwecken soll. Es liegt auf der Hand, dass eine der Grundvoraussetzungen erfolgreicher antimonopolistischer Mobilisierung der Verzicht auf kulturkämpferische Spitzen ist (ob gegen Juden oder Muslime, gegen Atheisten oder gegen Christen gerichtet). Den an einer Spaltung der Werktätigen entlang ethnischer oder religiöser Bruchlinien Interessierten ist überall entgegenzuwirken. Und wer ausgerechnet einen Religionswechsel zur Zielscheibe der Verspottung macht, sollte bedenken, wem er damit im konkreten Fall eine Freude bereitet, nämlich religiösen Fanatikern, die (zuungunsten der eigenen Religion) niemandem ein Recht auf Konversion zuerkennen.
Demgegenüber hat Hans-Peter Brenner in seinem Beitrag „Antifaschismus und die Strategie der DKP“ (UZ vom 9.2.), der auch den christlichen Nazi-Gegner Dietrich Bonhoeffer würdigt, in gelungener Weise dafür plädiert, anstelle „kommunistischen Hochmutes“ auch nichtkommunistische, einschließlich religiöser, Motivationen antifaschistische Aktivität zu respektieren und in unserer Bündnispolitik positiv aufzugreifen.