Die gar nicht so unklaren Interessen von Politik und Branche

Unübersichtlich

Von Herbert Becker

Die Frankfurter Buchmesse ist nicht nur eine Plattform für gesellschaftliche Themen, in diesem Jahr hat sie sich viel vorgenommen, um in ihren Worten „der Bedrohung des freien Wortes und seiner Verbreitung“ aktiv entgegenzutreten. Die Menge der Veranstaltungen ist fast unübersehbar, für viele Besucher und die, die sie nur aus der Ferne via TV oder Print- und Onlinemedien wahrnehmen, ist der eigentlich wichtige Hebel für die teilnehmenden Verlage aus aller Welt nicht sichtbar: Sie ist vielmehr Taktgeber der internationalen Branche und eine Trendschau für Innovationen. So boomt das Geschäft mit Übersetzungsrechten und Lizenzen in Frankfurt. Das Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) ist seit dem Frühjahr ausverkauft und erneut kann ein Buchungsrekord vermeldet werden. In diesem Jahr ist die Teilnehmerzahl um 5,6 Prozent gewachsen. Dort werden nicht nur Vertragsabschlüsse über Lizenzen und Rechteverwertung bekannter Autorinnen und Autoren verhandelt, hier finden viele Verhandlungen ihren Abschluss, die seit Wochen, Monaten, sogar Jahren liefen.

Wachstumsregionen auf der Messe sind vor allem Nordamerika, Afrika und Südostasien. Zum ersten Mal seit Jahren ist Kuba mit einem Gemeinschaftsstand auf der Messe vertreten.

Unter dem Motto „Lettres d‘Afrique Francfort – Changing the narrative“ findet in diesem Jahr erstmalig ein mehrtägiges Veranstaltungsprogramm zum afrikanischen Buchmarkt statt. Verlage und Gemeinschaftsstände aus 19 afrikanischen Ländern präsentieren Titel auf der Buchmesse, darunter aus Angola, Äthiopien, Ghana, den Kapverden, Nigeria und dem Senegal. Einen Fokus auf Südostasien legt das ASEAN-Forum: Zahlreiche Länder vom Verband Südostasiatischer Nationen werden bei diesem neuen Format auf der diesjährigen Buchmesse vertreten sein, darunter Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand, Vietnam und die Philippinen. Bei den Fachveranstaltungen auf diesem Forum geht es unter anderem um die Vorstellung der einzelnen Märkte sowie um die Entwicklung des Verlagswesens in den ASEAN-Staaten.

Seit Mitte der 1970er Jahre wird alljährlich ein Partnerland oder auch eine Sprach- und Kulturregion besonders herausgestellt. Mit dem Segen des Auswärtigen Amtes und der Einflussnahme des Goethe-Instituts darf sich ein ausländischer Verband auf diese Ehre freuen – und dabei nicht wenig Geld für mediale Präsenz und Aufmerksamkeit in die Hand nehmen. Dieses Jahr ist Georgien ausgewählt worden, ein Land, über dessen kulturelle und literarische Tradition sicherlich den meisten nicht viel bekannt sein dürfte. Die Hoffnung georgischer Verleger und ihrer Autorinnen und Autoren ruht darauf, dass eine deutlich höhere Zahl an Übersetzungen in wichtige Sprachen verabredet wird als in sonstigen Jahren.

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"Unübersichtlich", UZ vom 12. Oktober 2018



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