Bei den Ereignissen in der CSSR „mischten“ westliche Geheimdienste, Politiker und Medien fleißig mit, nutzten Krisen und Schwächen der Partei sowie Krisen in der Gesellschaft, beförderten die wachsende Unzufriedenheit im Land wie oppositionelle und antisozialistische Kräfte. Dahinter stand eine langfristige Strategie.
Aus der Sicht des Kapitals ging es immer um die Grundfragen: Verhinderung der Entwicklung der Alternative zum Kapitalismus und der politischen Kraft, die diese Alternative gestalten kann und, zweitens, Durchsetzung der Interessen des Profits mit allen Mitteln, einschließlich Krieg, wenn es anders nicht geht.
Kurz nach der Zerschlagung des Faschismus wurde der Kampf um diese Ziele wieder aufgenommen. Antikommunismus, Antisozialismus, Antisowjetismus wurden zu Kennzeichen der Politik der Herrschenden des Kapitals in nationalem und internationalem Rahmen. Es ging um Eindämmung, Zurückdrängung des gesellschaftlichen Fortschritts auf der Grundlage der Globalstrategie, des Rüstungswettbewerbs, des „Wandels durch Annäherung“, des ökonomischen Drucks, der politischen Erpressung und der ideologischen Unterwanderung. Es ging darum, Revanche für die Niederlagen zu nehmen und die Herrschaft des Imperialismus erneut weltweit zu etablieren.
Dazu zählen die Anschläge auf die in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre entstehenden volksdemokratischen Staaten, die Zurückdrängung der demokratischen Entwicklungen in Frankreich, Italien, in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands. Es folgte der 17. Juni 1953 in der DDR, das Verbot der KPD in der BRD, die konterrevolutionären Anschläge in Ungarn und Polen 1956 und schließlich die Angriffe auf die CSSR – alles Schritte mit dem Ziel der Zerschlagung des Sozialismus.
Schon am 5. März 1946, nur zehn Monate nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, erklärte Winston Churchill in Fulton, dass es darum gehe, die angebliche Bedrohung der „freien Welt“ durch den Kommunismus abzuwehren. Die von diesem ausgehende Kriegsgefahr und die „Gefahr der Tyrannei“, die von Moskau und von den kommunistischen Parteien in vielen Ländern ausgehe, müssten durch die UNO und von den eng verbundenen USA und Großbritannien bekämpft werden.
Diese Grundidee wurde damals von George F. Kennan und John F. Dulles und von Präsident Truman unterstützt. Kennan, Anfang 1946 interimistischer Geschäftsträger der USA in Moskau, schlug seiner Regierung vor, sich von den Bündnisbeziehungen loszusagen und zu einer Politik der „starken und wachsamen Eindämmung“ des Kommunismus überzugehen. „Die Vereinigten Staaten“, erläuterte Kennan, sollten „die Spannung bis zum Äußersten steigern, unter deren Bedingungen die sowjetische Politik agieren muss …, und auf diesem Wege den Tendenzen Unterstützung erweisen, deren Endresultat entweder im Zerfall der sowjetischen Macht besteht, oder aber sie löst sich in Nichts auf“. (siehe V. F. Williams, Die Tragödie der amerikanischen Diplomatie, Moskau 1960, S. 148)
Trumans Nachfolger, Präsident Eisenhower, erklärte, dass „das Gewissen des amerikanischen Volkes nicht ruhig sein kann, solange die Völker … Polens, der Tschechoslowakei, Ungarns, Rumäniens, Bulgariens und Albaniens nicht befreit werden“. (H. Meyer. The lost Illusion, New York 1954, S. 389)
Im Rahmen der „Doktrin der Befreiung“ nahm die Bedeutung der psychologischen Kriegführung beträchtlich zu. Sie hatte die ideologische und psychologische Bearbeitung und Demoralisierung der Bevölkerung der sozialistischen Länder, die Vorbereitung von konterrevolutionären Erhebungen, von Sabotage und Terrorakten gegen das sozialistische System sowie Provozierung von Unruhen als Vorwand zur Einmischung zum Ziel. Als Beispiel steht der 17. Juni 1953 in der DDR. Dann folgten (1956) Ungarn und Polen.
In der zweiten Hälfte der 50er Jahre wurde in den USA und auch in der BRD neben der Option für die Anwendung militärischer Gewalt im Kampf gegen den Sozialismus der Ausarbeitung eines „elastischen“ Kurses gegenüber Osteuropa zunehmende Bedeutung beigemessen.
An verschiedenen Universitäten wurden Studien erarbeitet, deren Verfasser, unter anderem Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski, empfahlen, die Ziele gegenüber den sozialistischen Staaten unter Beibehaltung der militärischen Option auch mit nichtmilitärischen Mitteln zu verfolgen, die unbedingt mit ideologischen verknüpft sein müssten. „Im Zeitalter der Ideologie müssen politische Handlungen, um erfolgreich zu sein, mit Ideen verbunden werden.“ (Vgl. Studie: Ideology and Foreign Affairs, Washington 1960, USSR and Eastern Europe, Washington 1960, S. 79) Als erstes Ziel müsse die „Schaffung von Voraussetzungen für die Erosion der militanten Aspekte der kommunistischen Ideologie“ sein. (a. a. O., S. 81) Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man bestrebt sein, „breite Kontakte mit der Intelligenz im sozialistischen Machtbereich und letztlich mit Politiken mittlerer und höherer Ebene zu entwickeln, in der Hoffnung darauf, dass es gelingt, ihre ideologischen Überzeugungen zu beeinflussen.“ (a. a. O., S. 3)
Unter der Präsidentschaft John F. Kennedys wurde dann die Politik des „differenzierten Herangehens“, der „friedlichen Einbeziehung“ und des „Brückenschlags“ entwickelt. (J. F. Kennedy, The Strategy of Peace, New York 1960, S. 8) Deutlicher als zuvor gestand Kennedy im Juni 1963 die Absicht, mit der „Politik des Brückenschlags“ „Veränderungen innerhalb des kommunistischen Blocks“ zu erreichen, um „Lösungen näher zu bringen, die heute unerreichbar scheinen“. (The Department of State Bulletin vom 1. 7. 1963, S. 4) In diesem Zusammenhang ist sein Aufruf zum „Austausch von Ideen und Menschen“ zu sehen, um „die Samenkörner der Freiheit in beliebige Risse des Eisernen Vorhangs zu säen“ und zwischen die sozialistischen Staaten „Keile zu treiben“. (J. F. Kennedy, The Strategy of Peace, New York 1960, S. 72)
Am 23. Mai 1964 entwickelte Präsident Lyndon B. Johnson den Terminus des „Brückenschlags nach Osteuropa“. In Weiterentwicklung der Linie Kennedys nannte er einige Ziele der Politik des Brückenschlags: die junge Generation in den europäischen sozialistischen Ländern mit den „Werten der westlichen Nationalstolzes“ zu fördern, „breitere gegenseitige Beziehungen Osteuropas mit dem Westen“ zu gewährleisten, „damit sich ganz Europa zu einer Gesellschaft der Freiheit vereinigt“. (The Department of State Bulletin vom 15.6.1964, S. 923)
Aus dieser Konzeption schöpften auch Egon Bahr und Willy Brandt, als sie die Sozialdemokratie für den Weg des „Wandels durch Annäherung“ ausrichteten, die „neue Ostpolitik“ der BRD entwickelten und in der ersten Großen Koalition umzusetzen begannen. Nationalismus und Revisionismus bildeten die zentrale Achse der Diversion.