Unter Waffenbrüdern

Dieses Jahr werden 1.750 deutsche Soldatinnen und Soldaten beim NATO-Manöver „Defender 2020“ (DEF 20) den Menschen in Russland signalisieren, dass deutsche Truppen nicht als Freunde kommen. Und das 75 Jahre nach der Befreiung Europas vom Faschismus, an der die Sowjetunion den größten Anteil hatte. Die Soldatinnen und Soldaten sind Teil der 37.000 Soldaten umfassenden Kriegsübung unter Führung der USA, an der sich 17 NATO-Länder beteiligen. Die Bundeswehr wird als „Host Nation“ und zentrale Drehscheibe das Manöver unterstützen. Die „Neue Züricher Zeitung“ nennt es eine „Machtdemonstration an die Adresse Russlands“ und „Telepolis“ schreibt: „USA und NATO üben mit ‚DEF 20‘ einen Krieg mit Russland.“ Dafür lässt die US-Regierung 20.000 Soldaten über den Atlantik und dann 4.000 Kilometer quer durch Europa zur russischen Grenze transportieren. Mit dieser Kriegsübung steigern die USA, NATO und EU ihre Konfrontationspolitik gegenüber Russland. Die deutsche Regierung begrüßt das Manöver und unterstreicht „die Wertschätzung der USA für multinationale Zusammenarbeit“ und das „deutliche Bekenntnis“ der USA zur „Sicherheit Europas“.

Monatelang werden Güterzüge durch deutsche Bahnhöfe rollen, Transportkolonnen und Panzer mit tausenden Soldaten und Rüstungsgegenständen auf deutschen Autobahnen, Landstraßen, Schiffen und Fähren den Verkehr behindern, die Unfallgefahr erhöhen und die Umwelt verseuchen. Beim Manöver sollen militärisches Gerät und Kommandostrukturen getestet werden sowie deren Zusammenspiel mit zivilen Strukturen. „Mit der Unternehmung wird sowohl die (zivile) In­frastruktur als auch die Grenzpolitik getestet“, schreibt die US-amerikanische Friedensaktivistin Jen Judson.

Um allzu großen Unmut in der Bevölkerung zu verhindern, verspricht die Bundesregierung, dass es während der Osterfeiertage nicht zu Truppenbewegungen kommen soll. Die Bevölkerung soll eingekocht werden, indem die deutsche Regierung im Verbund mit der US-amerikanischen erzählt, die Belastbarkeit der deutschen Infrastruktur, insbesondere Brücken, werde überprüft, damit es schneller überfällige Reparaturen, Erneuerungen und Ausbauten geben könne. „Telepolis“ spekuliert: „Würde eine deutsche Bundesregierung dafür den Verteidigungshaushalt anzapfen, könnte sie sich auf diese Weise schnell dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO nähern, auf dessen Einhaltung die US-Staatsführung drängt.“

Der Schwerpunkt der Transporte soll in Deutschland im April/Mai liegen. Die Friedensbewegung fordert, dass die deutsche Regierung sofort aus den Vorbereitungen zum Kriegsmanöver aussteigt. Die Mobilisierung der Friedensbewegung hat bereits mit ersten Vernetzungstreffen begonnen, verbunden mit der Vorbereitung der Ostermärsche. In den nächsten Wochen wird es in verschiedenen Städten, unter anderem in Hamburg, Leipzig, Magdeburg oder Frankfurt, Vorbereitungstreffen geben. Dort werden die konkreten Aktionen geplant und koordiniert.

Der Mord an dem iranischen General und seinen Begleitern zeigt, dass die US-Regierung vor keiner militärischen Gewalt, keiner Eskalation eines heißen Krieges zurückschreckt, wenn sie dies in ihrem Interesse für nötig hält und wenn Instrumente und Infrastruktur dafür zur Verfügung stehen. Mit „DEF 20“ soll Letzteres getestet werden. Die Friedensbewegung wird überall vor und während des Manövers auf Straßen und Plätzen demonstrieren – gewaltfrei, aber gewaltig. Aufklärung der Zivilbevölkerung und der Militärs mit Verteilaktionen an Bahnhöfen, vor den Truppenübungsplätzen, Transparenten an Brücken, Mahnwachen vor den US-Militäreinrichtungen, eine gemeinsame Mahnwachen-Stafette an der gesamten Strecke sowie eine gemeinsame Kundgebung und Demonstration an einem zentralen Ort des Transportkorridors sind geplant.

„Defender 2020“ – geplant zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus – könnte als Auftakt eines längst geplanten Krieges gegen Russland interpretiert werden. Widerstand ist nötig.

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"Unter Waffenbrüdern", UZ vom 10. Januar 2020



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