Am Sonntag sind Landtagswahlen in Hessen. Henning Mächerle (55) ist Direktkandidat der DKP in Gießen I. Er ist Fachinformatiker für Systemintegration, Betriebsratsvorsitzender und aktiv in der Gewerkschaft ver.di.
UZ: Du kandidierst bei der Landtagswahl in Hessen als Direktkandidat der DKP im Wahlkreis Gießen I. Was ist das für eine Gegend?
Henning Mächerle: Gießen ist eine mittelgroße Stadt mit 94.000 Einwohnern, die einst sehr stark von Industrie geprägt war. Heute dominieren Verwaltung und Universität. Der größte Arbeitgeber ist das Universitätsklinikum, das vor Jahren unter Roland Koch (CDU) privatisiert wurde. Früher war Gießen eine Arbeiter- und auch eine Soldatenstadt. Hier befand sich das größte US-Depot außerhalb der USA. Nach dem Ende des Kalten Krieges verschwanden die Soldaten genauso wie die Industrie. Es ist ein unglaublicher Wandel von einer proletarischen Stadt hin zu einer Stadt, in der die kleinbürgerliche Mittelschicht den Ton angibt.
UZ: Was sind die größten Probleme vor Ort?
Henning Mächerle: In den ehemaligen Arbeitervierteln gibt es heute große soziale Verwerfungen. Die Quote der Bürgergeldbezieher ist hoch. Die Nord- und die Weststadt sind stark migrantisch geprägt. Die städtische Politik nimmt jedoch die Mittelschichten in den Blick. Die sogenannten „sozialen Brennpunkte“ kommen nicht vor. Wenn Kleinbürger über migrantische Milieus oder Langzeitarbeitslosigkeit reden, wird über diese Menschen geredet, aber diese Menschen haben keine eigene Stimme. Die rot-rot-grüne Stadtregierung wird klar von den Grünen dominiert. Soziale Forderungen gibt es in ihrer Rhetorik zwar, aber sie werden nicht umgesetzt. Das Ziel eines kostenfreien ÖPNV wurde beispielsweise nicht weiterverfolgt. Daran wird sich absehbar nichts ändern, was natürlich auch an der Unterfinanzierung liegt. Wie viele andere Kommunen weiß auch die Stadt Gießen nicht, wo sie die Kohle hernehmen soll.
UZ: Welche Forderungen aus eurem Landtagswahlprogramm liegen dir besonders am Herzen?
Henning Mächerle: Wir fordern einen sofortigen Mietenstopp in Hessen. Das wäre für Gießen sehr wichtig. Um die soziale Frage angehen zu können, braucht man natürlich auch Geld. Deshalb ist unsere Forderung nach einer Vermögenssteuer mindestens genauso wichtig, weil das ein Hebel ist, um die Reichen zur Kasse zu bitten.
UZ: Warum ist es wichtig, am 8. Oktober die DKP zu wählen?
Henning Mächerle: Es braucht eine politische Alternative, die wirklich eine Alternative ist und die vor allem die Frage nach einer anderen, nichtkapitalistischen Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Ohne soziale Revolution wird es keine Lösung der Probleme geben, die der Kapitalismus im Weltmaßstab produziert.