Angeblich plant die türkische Regierung in den kommenden Tagen und Wochen mindestens 15 Wahlkampfauftritte in bundesdeutschen Städten, um für Erdogans Präsidialsystem zu werben. Wie wird die Bundesregierung reagieren? Den Vertretern der Städte, in denen die türkischen Politiker möglicherweise auftreten, den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben, geht nicht mehr. Das Bundesverfassungsgericht hat in der vorigen Woche eindeutig klargestellt: Ob die türkischen Regierungspolitiker, ja sogar Erdogan selbst, in Deutschland auftreten dürfen oder nicht, liegt im Ermessen der Bundesregierung. Weder Grundgesetz noch Völkerrecht geben ausländischen Politikern das Recht, ins Bundesgebiet einzureisen und dort Wahlkampfreden zu halten. Innenminister Thomas de Maizière sprach sich danach gegen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland aus. Auf mögliche Reaktionen wollte er sich jedoch nicht festlegen.
Das Agieren der türkischen Regierung und Beschimpfungen hinzunehmen und nur sacht zurückzuweisen, geht eigentlich auch nicht mehr. Aber genau das scheint der Plan bis zum 16. April zu sein. Danach, so wohl die Hoffnung, wird sich alles wieder „einpegeln“.
Auf die Forderung aus der Partei „Die Linke“, endlich die Waffenexporte in die Türkei einzustellen, gibt es bislang keine Reaktion. Auf die Forderungen aus der CSU, aus den Reihen der Grünen und von der Linkspartei, die Bundeswehr-Tornados aus dem türkischen Incirlik abzuziehen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium, Incirlik sei weiterhin der beste Standort. Der außenpolitische Sprecher der CDU, Jürgen Hardt, betonte in der „Passauer Neuen Presse“, die Bundeswehr und die Tornados seien „nicht zum Schutz der Türkei“ dort, sondern ein Beitrag im internationalen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Die niederländische rechtskonservative und liberale Regierung hatte am Wochenende zwei türkische Regierungsmitglieder daran gehindert, in Rotterdam für ein Ja bei dem Verfassungsreferendum der Türkei zu werben. Die Rechtsregierung wies die beiden Minister sogar aus und erntete sehr heftigen Protest aus Ankara. In den Niederlanden wurde am vergangenen Mittwoch ein neues Parlament gewählt. Kanzlerin Merkel sicherte den Niederlanden ihre „volle Unterstützung und Solidarität“ zu.
Der türkische Präsident ist nicht größenwahnsinnig. Sein Vorgehen ist kalkuliert. Schon jetzt nutzen ihm die Attacken gegen europäische Regierungen: Türkischer Nationalismus ist offenbar ein erfolgreiches Mittel, noch Zögernde im eigenen Land wie im Ausland lebende Landsleute am 16. April an die Wahlurnen zu bringen und die Verfassungsänderung – wenn auch vielleicht nur knapp – durchzusetzen. Er weiß zudem sehr genau, dass sein Land als NATO-Partner wegen seiner Lage und strategischen Interessen wie im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsdeal auch für die Bundesregierung unverzichtbar ist.
Die Bundesregierung will Erdogan anscheinend den Gefallen tun, die Repressionen gegen kurdische Organisationen auszuweiten: Am 2. März hat das Bundesinnenministerium die Länder darüber informiert, welche Symbole künftig auf Grundlage des PKK-Verbots verboten sein sollen. Neu auf der Liste sind das Logo des „Verbandes der Studierenden aus Kurdistan“ (YXK) – eine Organisation, die bisher legal in Deutschland tätig ist. Verboten ist es nun auch, die Fahne der „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) zu zeigen – die YPG steht in Syrien in vorderster Front im Kampf gegen den IS.