Tarifverhandlungen im Gebäudereiniger-Handwerk

Unsauberes Angebot

Von Peter Köster

Beschäftigte des Gebäudereiniger-Handwerks stehen derzeit in einer heißen Tarifauseinandersetzung. Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) vertritt dabei die Interessen von rund 600 000 Beschäftigten, meist Frauen, sehr viele von ihnen mit Migrationshintergrund. Es gibt wohl kaum eine Branche, in der so viele verschiedene Muttersprachen zu hören sind. Die Beschäftigten befinden sich meist auf den untersten Stufen der Lohnskala. Mit der IG BAU kämpfen sie um mehr Respekt und Anerkennung dieses harten Jobs.

Unter den Arbeitgebern (falsches Wort für diese Vereinigung) gibt es viele „schwarze Schafe“, die die tariflichen Regelungen umgehen. In fast allen Betrieben dieser Branche versuchen die Arbeitgeber, Lohnerhöhungen mit Arbeitsverdichtung zu begegnen, indem Fläche und Aufgaben vergrößert, oder dadurch, dass Ausführzeiten für die Reinigungsflächen verkürzt werden. Dort wo Betriebsräte dies kontrollieren, gelingt es, eine Verdichtung der Arbeit abzuwenden. In den meisten Betrieben gibt es jedoch keine Betriebsräte. Arbeitgeber versuchen alles, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern.

Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks verweigert auch bei den derzeit laufenden Tarifverhandlungen den nötigen Respekt für die Leistungen von Hunderttausenden Kolleginnen. Nach der dritten Verhandlungsrunde drückten die Chefs ihre „Wertschätzung“ aus. Das „Angebot“: Der Westlohn könne um 30 Cent (1,38 Prozent) und der Ostlohn um 41 Cent (2,08 Prozent) pro Stunde steigen, Laufzeit 26 Monate.

Schon 2016 wurde eine gültige Zusage von 2011, den Ost- an den Westlohn bis 2019 zu 100 Prozent anzugleichen, einseitig aufgekündigt. Die wirtschaftliche Entwicklung der Branche aber ist weiterhin und seit Jahren positiv. Den Beschäftigten droht andererseits tausendfach Armut trotz Arbeit – heute wie im Alter. Ein Schlagabtausch einer Gewerkschafterin der IG BAU mit der Kanzlerin in der ZDF-Sendung „Klartext Frau Merkel“, gab Einblick in die Lebenssituation von Frauen dieser Branche: 40 Jahre arbeiten, bei aktuell 1050 Euro Verdienst, Rentenerwartung bei 654 Euro.

Die IG BAU fordert einen Euro pro Stunde mehr, die Lohnangleichung Ost-West bis spätestens 2019 und Weihnachtsgeld für IG-BAU-Mitglieder. Der Bundesinnungsverband behauptet, die Kunden würden nur einen Billigpreis zahlen wollen. Die IG BAU hat mit vielen dieser Kunden, besonders mit deren Betriebsräten, Kontakt gesucht und hat festgestellt, dass diese Behauptungen vorgeschoben sind. Klar werden Thyssen Krupp, RWE, ein Chemiekonzern oder Krankenhäuser nicht freiwillig mehr zahlen. Doch wenn Toiletten, Büros, Kantinen, Patientenzimmer usw. sauber sein sollen, dann hat das seinen Preis, und die Leistung der Beschäftigten eben auch.

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"Unsauberes Angebot", UZ vom 22. September 2017



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