Geben wir zu: Die Frage nervt. „Euch gibt es noch?“, am Infostand, bei der Demo, unter Freunden. Mal abgeklärt, von denen, die früher ja auch für den Sozialismus waren. Mal nostalgisch, von denen, die ihre alte Lust am Kampf nicht vergessen haben. Manchmal sogar freundlich, von denen, die respektieren, wenn Menschen sich gemeinsam für eine neue Welt einsetzen. Die abfälligen Kommentare der Monopol-Propaganda, dass der Kommunismus tot und die DKP ein Haufen Übriggebliebener sei, stören uns davon noch am wenigsten.
Die Frage nervt, weil sie uns vor Augen führt, wie klein und schwach unsere Partei heute ist – und deshalb, weil sie uns an den tiefsten Einschnitt in der nun fünfzigjährigen Geschichte unserer Partei erinnert. Mit der Konterrevolution haben wir den größten Teil unserer Mitglieder verloren. Wir haben mit DDR und Sowjetunion die Partner verloren, auf die wir gehofft hatten, die uns unterstützt haben und in denen wir Vorbilder für eine neue Gesellschaft gesehen haben. Wir haben 1989 auch ein Stück unseres Selbstvertrauens verloren: Das Vertrauen, dass sich unsere Welt zum Besseren verändert und wir ein Teil der Kraft sind, die diese Veränderung heute und hier durchsetzt.
Heute und hier erleben wir, wie Kriegstreiber planen und rüsten, wie unser Leben unsicherer wird, wie viele Kollegen sich für reaktionäre Auswege mobilisieren lassen. Die Kommunisten bleiben bei der Zuversicht, die in der marxistischen Theorie „historischer Optimismus“ heißt. Wir bleiben bei dieser Zuversicht, weil unsere Weltanschauung für uns nie Bücherwissen war. Der Marxismus-Leninismus liefert uns die Grundlagen und die Methoden, um in der konkreten Analyse zu erkennen: In der kapitalistischen Ausbeuterordnung liegt die Möglichkeit, dass die arbeitenden Menschen die Kraft entwickeln, um die Macht der Monopole zu brechen. Und wir bleiben zuversichtlich, weil die fünfzigjährige Geschichte der DKP uns darin bestärkt.
Als die Kommunisten vor 50 Jahren die DKP neu konstituierten – zwölf Jahre nach dem Verbot der KPD –, hatte das nicht den Grund, dass sie nach Jahren der Illegalität und Verfolgung plötzlich Angst vor dem Gefängnis bekommen hatten. Unsere Partei bildete sich, weil sich 1968 die Stimmung und damit die Kampfbedingungen änderten: Plötzlich war es möglich, in den Massenbewegungen junge Menschen an die kommunistischen Ideen und an die Partei heranzuführen – aber dazu mussten die Kommunisten so schnell wie möglich eine legale Partei bilden. Keine drei Jahre später verteidigten die DKP-Mitglieder ihre Genossinnen und Genossen gegen die Berufsverbote – kurz nachdem Bundeskanzler Willy Brandt verkündet hatte, er wolle mehr Demokratie wagen. Die Geschichte unserer Partei zeigt, dass Revolutionäre mit der Verfolgung durch den Staat der Monopole rechnen müssen – und dass sie mit Mut und organisierter Solidarität im Kampf gegen die Verfolgung neue Verbündete gewinnen können.
Die DKP steht für den Kampf um eine sozialistische Gesellschaft, sie stand und steht dafür, dass sie DDR und Sowjetunion unterstützt hat. Im Sozialismus gab es Widersprüche und es wird sie immer geben – aber darüber ernsthaft zu diskutieren heißt für uns auch, die bürgerliche Verteufelung der DDR- und unserer eigenen Geschichte zurückzuweisen. Manche sehen die DKP deshalb gerne als ewiggestrig-eingestaubten Haufen. Aber daran zeigt sich: Die DKP steht seit 50 Jahren dafür, dass der Sozialismus die Zukunft ist, für die es sich zu kämpfen lohnt. Und ja, die DDR war die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung.
Die Friedensbewegung der 80er Jahre konnte die NATO-Kriegstreiber nicht stoppen. Aber die hunderttausenden Menschen, die im Bonner Hofgarten und der ganzen Bundesrepublik gegen Pershing II, Atomwaffen und NATO-Aggression protestierten, bildeten eine wirkliche Kraft gegen die Kriegspläne des Imperialismus. Der DKP haben Reaktionäre bis in die SPD-Spitze hinein vorgeworfen, sie wolle die Friedensbewegung unterwandern. Wir haben uns dafür eingesetzt, eine Bewegung aufzubauen, die große Breite mit klarer Stoßrichtung verbindet. Ohne den Beitrag der Kommunisten hätte es diese Bewegung nicht geben können. Im gemeinsamen Kampf die Bewegung zu stärken und um Inhalte zu ringen – dafür steht die DKP bis heute.
Die DKP ist Arbeiterpartei, Partei der Arbeiterklasse. Für einen Teil der Studentenbewegung von 1968 und später der „neuen sozialen Bewegungen“ war sie schon damit zu altmodisch, für manchen Gewerkschafter war sie eine Bedrohung seiner Sozialpartner-Idylle. DKP hieß und heißt: Wir gehen von den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen aus. Wir versprechen nicht, dass wir die Probleme in Gesellschaft lösen können, wir versprechen nur: Wir arbeiten mit unserer Kraft, unserer Analyse und unserer Organisation dafür, dass die Arbeiterklasse im Betrieb und im Stadtteil, auf der Straße und in der ganzen Gesellschaft zur bestimmenden Kraft unserer Gesellschaft wird.
Die Erinnerungen, die Erfahrung und das Wissen aus diesen 50 Jahren sind nicht verschwunden oder wertlos geworden, weil wir eine große Niederlage erlebt haben. Wir bleiben optimistisch, weil wir diese Ausrüstung für die Kämpfe von heute und morgen bei uns haben. Wir bleiben optimistisch, weil wir in der DKP auch unter den heutigen Kräfteverhältnissen das Potential sehen, die gewerkschaftliche Gegenwehr zu stärken, fortschrittliche Bewegungen weiterzuentwickeln und Menschen vom Kampf gegen den Kapitalismus zu überzeugen. Unser Beitrag in der Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ und das UZ-Pressefest vor zwei Wochen belegen das praktisch.
Die Widersprüche unserer Gesellschaft drängen zum Sozialismus, der Weg dahin führt über die unzähligen kleinen und großen Klassenkämpfe, um diesen Kämpfen eine Perspektive zu geben, ist die kommunistische Partei notwendig. Unsere Antwort auf die ewig nervende Frage mag man je nach Klassenstandpunkt als Versprechen, als Belanglosigkeit oder als Drohung aufnehmen: Uns gibt es.