Portugal: Rechter Präsident gewählt

Unruhig, wachsam

Von Lonha Heilmair, Lissabon

Bei den Wahlen am 24. Januar für das Amt des portugiesischen Staatspräsidenten, der in Portugal direkt vom Volk gewählt wird, triumphierte der Kandidat der Rechten, Marcelo Rebelo de Sousa, im ersten Wahlgang mit 52 Prozent der Stimmen. Der parteilose, vom linken Spektrum der Sozialistischen Partei (PS) und darüber hinaus unterstützte Sampaio da Nóvoa erreichte 22,9 Prozent, die erst 39-jährige Kandidatin des Linksblocks (BE) Marisa Matias 10,1 Prozent. Der Kandidat der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) Edgar Silva kam auf 4,0 Prozent der Stimmen. Insgesamt gab es 10 Kandidaten. Das semipräsidentielle Regime Portugals gesteht dem Präsidenten einige wichtige Kompetenzen zu, er kann die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen prüfen lassen, das Parlament auflösen und gegebenenfalls den Premierminister oder die Regierung entlassen.

Nach dem Amtsantritt der von den Kommunisten und anderen Linkskräften unterstützten PS-Regierung im November 2015 stellte sich die Präsidentschaftswahl als wichtige Gelegenheit dar, in dieses Amt jemanden zu wählen, der im Gegensatz zum Vorgänger Cavaco Silva die Einhaltung der Verfassung garantieren würde – Portugal hat in Folge der Nelkenrevolution von 1974 eine progressive Verfassung, die einen sozialen Auftrag der Politik und weitreichende politische Rechte und Freiheiten der Bevölkerung einfordert.

Die Kandidatur von Edgar Silva, Mitglied des Zentralkomitees der PCP, früherer Pfarrer auf Madeira, der seit seiner Jugend für seinen kompromisslosen Einsatz für die Rechte insbesondere sexuell augebeuteter Straßenkinder und allgemein der arbeitenden Bevölkerung bekannt geworden war, hatte zum Ziel, die eigenständige Stimme der Kommunisten in die Debatte um die Rolle des künftigen Staatspräsidenten einzubringen. Edgar Silva stand von Anfang an klar für eine Kandidatur der Verteidigung der demokratischen und sozialen Rechte und Freiheiten und der Errungenschaften des 25. April, des Tages der Nelkenrevolution. Die erreichten 4 Prozent der Stimmen blieben klar hinter den Erwartungen zurück und spiegeln bei weitem nicht die soziale Verankerung der Kommunisten wider.

Der neue Präsident Marcelo hat schon verschiedenste wichtige Funktionen in der konservativen PSD, die sich Sozialdemokratische Partei Portugals nennt, ausgeübt. Er war 15 Jahre lang allseits in den Medien präsenter politischer Kommentator mit einer ausgeprägten Gabe, sich hier als konservativ, dort als progressiv und immer als Freund aller darzustellen (dazu gehören auch seine regelmäßigen Besuche des Avante-Fests). Sein Resultat wurde von den Medien regelrecht konstruiert, indem sie seine wirklichen politischen Absichten zugunsten einer alles vereinnahmenden Jovialität verschleierten.

Am Freitag vor der Wahl hatte die portugiesische Regierung ihren Haushaltsentwurf bei der EU-Kommission eingereicht. Die neue PS-Regierung hatte angekündigt, die Politik der Verarmung und der Austerität zu beenden, ohne den Rahmen des Stabilitätspaktes zu verlassen. Die EU macht dagegen Druck und fordert unter anderem weitere Maßnahmen zur „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes.

Der neu gewählte Präsident hatte stets beteuert, dass er sich gegenüber der PS-Regierung loyal verhalten wolle. Zu welchem Preis, wird sich herausstellen. Seine Wahl stellt nach Einschätzung von Jerónimo de Sousa, Generalsekretär der PCP, einen negativen Faktor dar, der Anlass zur Beunruhigung gibt. Und zur Wachsamkeit der demokratischen Kräfte.

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"Unruhig, wachsam", UZ vom 29. Januar 2016



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