Tarifvertrag in der Leiharbeit bringt lange Laufzeit und geringe Lohnerhöhung

Ungleiche Bezahlung zementiert

Von Philipp Kissel

In den umstrittenen Tarifverhandlungen der Leiharbeitsbranche wurde in der dritten Runde ein Verhandlungsergebnis erzielt. Stefan Körzell, Verhandlungsführer für die DGB-Tarifgemeinschaft, bezeichnete es als Durchbruch. Nach „24 Stunden Non-Stop-Verhandlungen“ sei eine deutliche Erhöhung der Entgelte erreicht worden. Er sagte, der „Kompromiss enthält viel von dem, was wir gefordert hatten.“ Das Verhandlungsergebnis muss noch von den Einzelgewerkschaften bestätigt werden, die Tarifkommission von ver.di hat bereits zugestimmt.

Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 36 Monaten und endet zum 31.12.2019. Die lange Laufzeit dürfte unter den Beschäftigten besonders für Unmut sorgen, zementiert sie nicht nur für lange Zeit niedrige Lohnzuwächse, sondern überhaupt die ungleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft. Die Mitgliederbefragung des DGB vor den Verhandlungen hat klar ergeben, dass der Tarifvertrag nur ein Jahr laufen sollte. Ver.di-Verhandlungsführerin Carla Dietrich sagte noch in den Verhandlungen, „daran fühlen wir uns gebunden.“ Die Arbeitgeberverbände der Leiharbeit begrüßten den Abschluss, da „die lange Laufzeit eine langfristige Planungssicherheit gewährleiste“, wie Sven Kramer vom „Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ)“ lobt.

Die DGB-Tarifgemeinschaft hatte 6 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 70 Cent pro Stunde gefordert. Der Bruttostundenlohn soll in der Entgeltgruppe (EG) 1 im Westen von 9,00 Euro ab 1.1.2017 über mehrere Stufen bis zum Oktober 2019 auf 9,96 Euro steigen. Im Osten steigt der Stundenlohn von 8,84 ab 1.1.17 auf 9,66 Euro am 1.10.19. Das heißt, innerhalb von drei Jahren würde der Stundenlohn um 96 Cent im Westen und 82 Cent im Osten steigen, das sind 32 bzw. 27 Cent pro Jahr.

Der DGB betont, dass die Aufwertung der unteren Entgeltgruppen besonders wichtig gewesen sei. „Am Ende der Laufzeit werden sich die Tarife in der Leiharbeit deutlich vom gesetzlichen Mindestlohn entfernt haben.“ Der Mindestlohn liegt bis Ende 2018 bei 8,84 Euro. Das heißt, dass die Löhne der EG 1 in der Leiharbeit im Westen ab 1.3.17 um 39 Cent darüber liegen und ab 1.4.18 um 64 Cent. Im Osten sind es 7 bzw. 43 Cent.

Der DGB lobt, dass die Löhne im Osten jährlich um bis zu 4,82 Prozent steigen. Allerdings ist die Berechnungsbasis der aktuelle Mindestlohn von 8,50 Euro. Im Forum der Zeitarbeiter in der IG Metall, ZOOM, wird darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Mindestlohn ab 1.1.17 auf 8,84 Euro steigt und auch in der Leiharbeit bezahlt werden muss. Die 4-Prozent-Steigerung ist daher der Mindestlohnerhöhung geschuldet.

Die Entgeltgruppe 2 liegt geringfügig über der ersten. Hinzu kommt, dass viele Leiharbeiter in die niedrigen Entgeltgruppen eingruppiert werden, obwohl ihre Tätigkeiten dem nicht entsprechen. Die meisten Leiharbeiter bleiben auch mit den neuen Tarifen eindeutig im Niedriglohnbereich. Nach Zahlen des statistischen Bundesamts sind rund 70 Prozent der Zeitarbeiter Niedriglohnbeschäftigte. Die Ziele der DGB-Tarifkommission wurden nicht erreicht. Die lange Laufzeit und die geringen Erhöhungen werden in den Augen vieler Leiharbeiter die Existenz der Tarifverträge nicht rechtfertigen, die die geringere Bezahlung ermöglichen, obwohl eigentlich per Gesetz der gleiche Lohn gezahlt werden müsste. Das „Instrument“ Leiharbeit wird nicht in Frage gestellt, Leiharbeiter können weiter als Verfügungsmasse dienen, wie die Entlassung der 7 000 VW-Leiharbeiter im Rahmen des „Zukunftpakts“ zeigt.

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"Ungleiche Bezahlung zementiert", UZ vom 9. Dezember 2016



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