Urlaub dient der Erholung und damit der Gesundheit. Dennoch gehört ständige Erreichbarkeit – auch im Urlaub – für rund zwei Drittel der Berufstätigen zur Normalität. Ob Mails am Flughafen, Telefonkonferenzen beim Sightseeing oder Web-Meetings am Strand, der Skala der Absurditäten in Sachen Erreichbarkeit sind anscheinend nach oben keine Grenzen gesetzt.
Die Dimension des Problems wird anhand einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom deutlich: 61 Prozent der Befragten lesen während ihres Urlaubs dienstliche Kurznachrichten, 57 Prozent sind im Urlaub auch telefonisch erreichbar und 27 Prozent bearbeiten in den Ferien geschäftliche E-Mails. Vor dem Hintergrund, dass ständige Erreichbarkeit und die zunehmende Verschmelzung von Arbeit und Freizeit alles andere als gesundheitsförderlich sind, sollten die Betroffenen eigentlich eine grundsätzliche Frage stellen: Sind Anrufe und Mails des Chefs während des Urlaubs überhaupt rechtlich zulässig und müssen diese beantwortet werden?
Im Bundesurlaubsgesetz ist dies unmissverständlich geregelt. Der Urlaub dient der Erholung und jeder Beschäftigte hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Während dieser Zeit ruht die Hauptleistungspflicht der Beschäftigten, nämlich die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung. Kein Beschäftigter muss während seines gesetzlichen Erholungsurlaubs dienstliche Telefonate beantworten und niemand ist verpflichtet, seine Mails zu checken.
Wenn dies auf Anweisung des Chefs dennoch geschieht, gilt diese Zeit als Arbeitszeit. Diese muss regulär bezahlt werden und der Urlaub entsprechend nachgeholt werden. Selbst wenn sich der Chef nur vorbehält, dem Beschäftigten während dessen Urlaubs Arbeit zuzuweisen, gilt der Urlaub als nicht ordnungsgemäß gewährt. Das bedeutet, dass der Urlaubsanspruch für diese Zeit bestehen bleibt. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Chef direkt nach dem Urlaub ein Arbeitsergebnis erwartet, das nur zu erreichen ist, wenn während des Urlaubs gearbeitet wird. Auf den Punkt gebracht: Lohnabhängige haben ein Recht auf Nichterreichbarkeit im Urlaub. Dieses Recht zu haben und die betriebliche Realität sind jedoch, wie die Ergebnisse der oben zitierten Umfrage zeigen, viel zu oft zwei völlig unterschiedliche Dinge. Die Bedingungen, um dies zum Besseren für die Beschäftigten zu verändern, sind gut geschulte und sensibilisierte Betriebsräte, ein hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad und nicht zuletzt selbstbewusste Belegschaften.