Was bedeutet es für Kinder, wenn ihre Familien weniger Geld haben? Kindern Armut zu erklären ist keine einfache Angelegenheit. Wie fühlen sich meine Klassenkameraden, deren Eltern Bürgergeld beziehen oder alleinerziehend sind? Schwer zu erklären. Der Kinderkanal (KiKA) hat sich jetzt an einer Spielfilm-Erklärung in 37 Minuten versucht. Spoiler: Gelungen ist das nicht.
Der 13-jährige Luca schleicht im Shopping Center durch einen Klamottenladen und hadert mit sich. Er braucht neue Turnschuhe. Aber klauen? Der gleichaltrige Erik flüchtet derweil im gleichen Center vor Leuten aus seiner Klasse, die ihn vermöbeln wollen, und rettet sich zu Luca in die Umkleidekabine. Sie unterhalten sich nicht groß, aber die Turnschuhe bleiben liegen und auch Erik entkommt den Schlägern. Ein paar Tage später treffen sie sich wieder. Erik ist der Neue in Lucas Klasse.
In „Einfach ungerecht“ geht es um Luca. Und irgendwie auch ein bisschen um seine Freundschaft zu Erik. Aber vor allem darum, dass Luca arm ist. Wenn die alleinerziehende Mutter arbeitet, ist Luca verantwortlich. Für seine kleine Schwester, für den Einkauf, den Haushalt, für alles. Also holt er die Schwester im Jugendzentrum ab, kocht mit ihr und erklärt ihr geduldig, warum es keinen Schokopudding gibt („Auf dem war kein Reduziert-Aufkleber.“). Wenn die Mutter um 22 Uhr nach Hause kommt, interessiert sie sich wenig für den Sohn, schließlich ist sie müde. „Noch zwei Mal Spät- und eine Nachtschicht für die Stromnachzahlung. Dann brauche ich erst mal Ruhe.“
In der Schule läuft es okay für Luca, auch wenn er doppelt- und dreifachbelastet ist. Er freundet sich mit Erik an, auch mit den anderen in der Klasse versteht er sich gut. Doch dann verkündet die Lehrerin, dass es auf Klassenfahrt geht. Und die soll 240 Euro kosten. Geld, das Luca und seine Mutter nicht haben.
„Einfach ungerecht“ will von Armut erzählen und der Scham, die Kinder darüber empfinden. Doch komischerweise haben sie Luca darin in eine Phantasiewelt gesteckt, in der Geld das einzige Problem zu sein scheint. Luca und seine Schwester Sophie verbringen ihre Tage in einem 1a ausgestatteten Jugendzentrum, Rap-Workshop, technische Ausstattung zum Musikmachen und gemeinsames Kochen mit frischem Gemüse inklusive. In seiner Klasse wird nicht gepöbelt oder gar gemobbt, alle mögen sich und für ein Referat gibt es tosenden Applaus. Die Erwachsenen sind von der Sozialarbeiterin im Jugendzentrum bis zur Lehrerin alle ganz wundervoll. Nur scheint niemand Luca zu helfen, wenn es um die Armut geht. Einziges Angebot der Lehrerin, als Lucas Beitrag für die Klassenfahrt noch nicht überwiesen ist: „Soll ich mal mit deinen Eltern reden?“
Blöd kommt in dem Film nur Lucas Mutter weg: müde, gestresst, kein offenes Ohr. Und als Luca klaut, um die Klassenfahrt zu bezahlen, konfrontiert sie ihn auch noch vor Erik.
Am Schluss des Films gibt es große Versöhnungsgesten und die Klassenlehrerin lässt Luca „für das nächste Mal“ über Erik einen Antrag auf Zuschüsse zur Klassenfahrt zukommen. Mit Erik ist er sich einig, dass „das ganze System einfach ungerecht“ ist. Ende gut, alles gut?
Leider wird den jungen Zuschauerinnen und Zuschauern in diesem Film zweierlei vermittelt: Es wäre Lucas Aufgabe gewesen, über die Armut seiner Familie zu sprechen und sich so Hilfe zu besorgen. Und der einzige Unsympath ist die alleinerziehende Mutter. Nicht schön.
Einfach ungerecht
Regie: Thúy Trang Nguyen
Unter anderem mit: Baselius Göze, Frederik Leonidas Stein, Muiné Keune und Linus Kranich
Abrufbar in der ZDF-Mediathek