Betr.: Griechenland

Ungeheure Erpressung

Von Ulrich Sander, Dortmund

Es war ein entschiedenes Nein der Mehrheit der Griechen zur Krisenpolitik in der EU und damit vor allem ein Nein in Richtung Berlin. Jene, die die Wahl zwischen Nein und Ja mit Pest oder Cholera gleichsetzten, die Syriza zu einem Übel erklärten und zum Volksfeind, stoßen weiterhin auf meine entschiedene Ablehnung.

Die historische Abstimmung behält ihre Bedeutung, auch wenn jetzt von der griechischen Regierung ein Katalog der Austerität vorgelegt wurde. Denn das Nein/Oxi war ja auch, das darf doch nicht übersehen werden, ein Nein zum Austritt aus dem Euro oder gar der EU. Es liegt eine ungeheure Erpressung vor, der die griechische Regierung erlag. In den nächsten Tagen wäre eine ungeahnte Katastrophe ausgebrochen, die vor allem die Ärmsten getroffen hätte. Die Bilder der weinenden Menschen vor den Banken lassen mich nicht los. Doch die Mehrheit der Arbeiterklasse unseres Landes ließ das völlig kalt.

Ein besonderer Aspekt der Erpressung ist ja noch gar nicht bekannt, wird wohl auch erst in vielen Jahren bekannt werden: der Aspekt der militärischen und der ultrarechten Drohung. Wir wissen doch gar nicht, was Obama in seinen vielen Telefonaten nach Athen, Brüssel und Berlin geäußert hat. Warum hat Moskau immer wieder beruhigend betont, es unternehme nichts in Sachen Athen? Sind denn die militärischen Diktaturen und Kriege in jener Gegend der Welt (Griechenland, Türkei, Zypern, Jugoslawien) schon vergessen?

Zudem: Gleichzeitig mit der Zuspitzung in Griechenland hatten wir hier große, lange nicht mehr gekannte Streiks. Sie gingen verloren, anders kann man es ja wohl nicht sagen. Ein Sieg der Arbeitenden ist derzeit nirgends vergönnt. Und dennoch, sie waren notwendig und richtig: Die Streiks wie auch das Oxi. Sie bleiben Meilensteine der Geschichte. Nicht erst die Enkel werden es besser ausfechten. Schon vorher wird es gelingen.

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"Ungeheure Erpressung", UZ vom 17. Juli 2015



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