Steuern und Subventionen im Aufwind

Und steigen und steigen

Von Herbert Becker

Voller Stolz vermeldet das Bundesfinanzministerium, dass die Steuereinnahmen von Bund und Ländern im ersten Halbjahr 2017 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2016 um 3 Prozent gestiegen seien. In ganzen Zahlen bedeutete dies rund 10 Milliarden Euro mehr in die Staatskassen, von bisher 316 Milliarden auf 326 Milliarden. Das meiste Geld nimmt der Staat ein über die Umsatzsteuer, immerhin rund 111 Milliarden, ein Plus von 4,3 Prozent, gefolgt von der Lohnsteuer mit immerhin 93 Milliarden, sogar ein Plus von 6,5 Prozent, auch alle anderen Steuerarten sind in entsprechenden Größenordnungen gestiegen außer einer, die Erbschaftssteuer sank von 3,9 Milliarden auf 3,1 Milliarden, ein Minus von 19,5 Prozent. Verständlich, wenn die letzte sogenannte „Reform“ des Erbschaftssteuergesetzes mehr Geld bei denen lässt, die eh schon genug haben und die Freibeträge und die Übertragungsvarianten bei Firmenvermögen weiter „ausgestaltet“.

In Wahlkampfzeiten gehen dann mit fast den gleichen Vorschlägen die Regierungsparteien, aber auch die so gerne Juniorpartner sein wollende FDP auf Stimmenfang und bieten für demnächst die eine oder andere Steuersenkung an, wer erinnert sich nicht an Frau Merkels Wahlkampf von 2013 mit der Absicht, die Umsatzsteuer zu senken, wunderlicherweise wurde daraus dann eine Erhöhung auf immerhin 19 Prozent.

Passend dazu – aber weniger medial wahrgenommen – legt die Bundesregierung ihren „Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 2015 bis 2018 vor“. Die große Koalition hat die Subventionen für die Privatwirtschaft, denn das ist in dem Bericht gemeint, um 25 Prozent erhöht. Die Steigerung von 20,9 Milliarden auf geplante 25,2 Milliarden zeigt also, wohin die Reise mit den Mehreinnahmen denn gehen wird. Unverändert ist die gewerbliche Wirtschaft einschließlich der Förderung der Energiewende der bedeutendste Subventionsbereich. Die Subventionen steigen in diesem Bereich von knapp 11 Milliarden im Jahr 2015 auf voraussichtlich 13,4 Milliarden im Jahr 2018. Von Protektionismus zu reden, ist sicherlich nicht ganz falsch, obwohl das ideologische Banner des Neoliberalismus „der Markt regelt die Verhältnisse“ sonst gerne hochgehalten wird. Zu der Steigerung trugen demnach unter anderem sechs neue Steuervergünstigungen und elf neue Finanzhilfen bei – etwa die Kaufprämie für E-Autos, aber auch 1,8 Milliarden Euro pro Jahr für Gebäudesanierung, eine Milliarde Euro für Steinkohlesubventionen, 650 Millionen Euro für die Energiesparförderung, 500 Millionen Euro für den Breitbandausbau. Bei der Höhe der Unternehmensbeihilfen liege Deutschland gemessen an der Wirtschaftskraft demnach EU-weit nur hinter Lettland und Griechenland auf Platz drei.

Eine pikante Bemerkung versteckt sich weit hinten im Bericht. „Das Argument, von Subventionen gehe ein Beitrag zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung aus, woraus sich dann über entsprechend höhere Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen ein Refinanzierungsbeitrag für die gezahlten Subventionen ergebe, greift zu kurz. Denn hierbei bleibt unberücksichtigt, dass diese Effekte, sofern sie eintreten, mit einer Einstellung der Unterstützung häufig wieder versiegen“. Der Unterschied zu Konjunkturförder-Programmen, die tatsächlich eine gesamtgesellschaftliche Wirkung erzielen und langfristig wirken können, ist deutlich. Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, den Neubau und die Sanierung der öffentlichen Infrastruktur und Anreize für neue, ordentlich bezahlte Arbeitsplätze sind nicht im politischen Programm der Herrschenden.

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"Und steigen und steigen", UZ vom 8. September 2017



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