Am 14. Juni verkündete die Bundesregierung: „Um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten, wird die Bundesregierung die Treuhandverwaltung der Gazprom Germania längerfristig absichern und das durch Sanktionen von russischer Seite ins Straucheln geratene Unternehmen über ein Darlehen vor der Insolvenz bewahren. Mit diesem Vorgehen behält die Bundesregierung den Einfluss auf diesen Teil der kritischen Energieinfrastruktur und verhindert eine Gefährdung der Energiesicherheit.“ Das hat ganz offensichtlich nicht gereicht. Die Einsätze, um die Energieversorgung nach Verkündung eines Wirtschaftskrieges mit Russland zu sichern, werden höher und höher. Die Treuhänderschaft von Gazprom erforderte Kredite von 10 Milliarden Euro. Am 22. Oktober meldete die Nachrichtenagentur Reuters, die Bundesregierung prüfe über einen „Kapitalschnitt“ die vollständige Enteignung von Gazprom Germania. Auch das wird ins Geld gehen. Der drittgrößte Gasversorger, die Leipziger VNG, streitet mit der Treuhandverwaltung über die Kosten der Belieferung dieses Versorgers mit Gas und ruft laut Meldungen der FAZ vom 22. September ebenfalls nach Staatshilfe.
Auf 30 Milliarden Euro beläuft sich die Rechnung, die der Bund für die jetzt beschlossene Verstaatlichung des Uniper-Konzerns auf den Tisch legen muss – für die Übernahme von Aktienpaketen des bisherigen finnischen Mehrheitseigners Fortum, für eine Kapitalerhöhung und Kredite, um den Laden am Laufen zu halten. Im Ergebnis eines umfangreichen Gesetzespakets wird am Ende der Bund 98,5 Prozent der Anteile von Uniper besitzen. Hintergrund sind auch hier die durch die Sanktionspolitik des Westens gegen Russland in die Höhe getriebenen Gaspreise, die aufgrund der vorhandenen Verträge an die Kunden – darunter 100 Stadtwerke – nur mit Verzögerungen weitergeben können. Der Uniper-Konzern nimmt so gegenwärtig täglich 100 Millionen Miese in seine Bücher.
Ursprünglich – so der Plan des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) – sollten die so entstehenden Verluste durch eine „Gasumlage“ ausgeglichen werden, die vom Bund allen Gaskunden gleichermaßen abgeknöpft und dann den notleidenden Konzernen zugeführt wird. Selbst diese rigide Maßnahme wird nicht reichen, um Uniper und damit den deutschen Gas- und Strommarkt vor dem Zusammenbruch zu retten – also Verstaatlichung.
Damit verheddert sich das grün geführte Wirtschaftsministerium in immer mehr Widersprüche. Zu den Uniper-Kraftwerken, in denen fossile Energieträger verstromt werden, gehören nicht nur Kohlekraftwerke wie das in Heyden, das nun wieder aus der Reserve geholt wird. In Schweden ist der Konzern auch an mehreren Atomkraftwerken beteiligt – deren oberster Chef wird jetzt Robert Habeck.
Das Gesetz steht zudem in einer juristisch komplizierten Wechselwirkung mit der ursprünglich geplanten, aber immer mehr wackelnden Gasumlage. Die ist nach herrschender Meinung in der jetzt bestehenden außergewöhnlichen Situation zwar wettbewerbsrechtlich als vorübergehende Stützung eines strauchelnden Konzerns zulässig. Wird dieser Konzern aber Teil des Staates, wird aus der Umlage rechtlich eine Steuer oder Abgabe. Die aber kann verfassungsrechtlich nicht mehr – wie die Umlage – von einer privat koordinierten Stelle erhoben werden, sondern muss erstens in einem zwischen Bundestag und Bundesrat geregelten Verfahren gesetzlich verfügt und danach von den Finanzämtern eingetrieben werden. Auch diese Zusammenhänge tragen zur hitzigen Debatte um die Umlage bei. Ob sie nun kommt oder per Preisdeckel Konzerne bezuschusst werden: Es bleibt die Regel, dass Verluste verstaatlicht werden. Die Gewinne von gestern und morgen bleiben in den Taschen der Aktionäre.