Zu Kramp-Karrenbauers Kriegserklärung an China

… und morgen die ganze Welt?

Das deutsche Militär und speziell seine aktuelle Kriegsministerin, Frau Kramp-Karrenbauer, haben offensichtlich ein Faible für absurde und gefährliche Einsätze. Nicht genug, dass die Bundeswehr seit 2004 Deutschland erfolglos am Hindukusch verteidigt und seit 2015 in Syrien ebenso erfolglos mit der „Anti-ISIS-Koalition“ den Sturz Baschar al-Assads betreibt, nun zieht es diese Dame auch noch in den Fernen Osten, in das Südchinesische Meer. Mit einer Fregatte soll die Bundeswehr dort für deutsche Ordnung sorgen. „Wir hören irritierend martialische Töne aus China und sogar Aufrufe zur ‚Kampfbereitschaft‘“, twitterte die strammstehende Saarländerin. Nun, in der Tat hat der chinesische Präsident zur Kampfbereitschaft aufgerufen. Aber was würde passieren, wenn chinesische und russische Kriegsschiffe und Flugzeugträger für eine nicht bedrohte Freiheit der Seeschifffahrt vor Miami, Los Angeles oder New York patrouillieren würden? Und russische Bomber entlang der Küste New Jerseys?

Das Südchinesische Meer ist ein (von der US-Kriegsmaschine) vermintes Gebiet. US-Präsident Trump hatte den Kampf der Großmächte um die Weltherrschaft ausgerufen. Sein Nachfolger steht ihm da in nichts nach. Washington versucht sich die ungeklärte Grenzsituation zunutze zu machen, um die Anrainerstaaten in seinem hybriden Krieg gegen China an seine Seite in Stellung zu bringen. Das US-Militär patrouilliert mit atomwaffenfähigen Flugzeugen, U-Booten, Flugzeugträgern und Kampfschiffen unmittelbar vor der Küste Chinas. Bekanntlich kann sich die Volksbefreiungsarmee durchaus verteidigen und wird das im Zweifel sicherlich auch tun. Die bekannt gewordenen Szenarien der „westlichen“ militärischen Think-Tanks und selbst die verantwortlichen hohen US-Militärs sagen unisono einen raschen Sieg der chinesischen Kräfte voraus. Was allerdings nicht bedeutet, dass das Pentagon mit seinen Provokationen aufhört. Um es klar zu sagen: Vor dem Hintergrund heutiger Waffentechnologie ist die Situation mindestens so gefährlich wie seinerzeit in der Kuba-Krise. Ein atomares Pulverfass mit brennender Lunte.

Was aber genau wollen die Berliner „Großstrategen“ erreichen? China ist der größte Handelspartner der EU. Es hat durch sein erstaunliches Wirtschaftswachstum trotz Corona viele Unternehmen in der chronisch export­abhängigen Bundesrepublik vor dem Ruin bewahrt. Die Volksrepublik ist der Markt der Zukunft, hat realwirtschaftlich-industriell die USA längst hinter sich gelassen. VW realisiert hier mehr als 40 Prozent seines Umsatzes und seiner Profite. Möchte Frau Kramp-Karrenbauer den Krieg gegen den besten Kunden der deutschen Exportindustrie miteröffnen? Sind es die chinesischen Angebote zur Zusammenarbeit, zur Beteiligung an dem Jahrhundertprojekt „Belt-and -Road-Initiative“ (Neue Seidenstraße), die die deutsche Kriegsministerin so „irritierend martialisch“ findet?

Amerika – das sei „die Entwicklung von der Barbarei zur Dekadenz ohne den Umweg über die Kultur“, wird Georges Clemenceau zitiert. Es ist offenbar für die deutschen „Eliten“ eher vorstellbar, mit dem „barbarischen Imperium“ in den Abgrund zu rauschen, als sich einer friedlichen prosperierenden Alternative auch nur mental zu nähern. Diese morbide Zockerbegeisterung fürs Kaputte, für Vabanque und den Untergang ist allerdings nicht jedem gegeben. Diejenigen, die mit ehrlicher Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, die etwas aufbauen wollen, müssen für ihre Sache kämpfen und den Kramp-Karrenbauers in den Arm fallen. Es bleibt keine Wahl.

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"… und morgen die ganze Welt?", UZ vom 19. März 2021



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