NPD bleibt legal – was heißt das für Antifaschisten in Mecklenburg-Vorpommern?

Unbedeutend

Von Robert Kühne

Robert Kühne kandidiert für die DKP in Mecklenburg-Vorpommern zur Bundestagswahl

In kaum einem anderen Bundesland hat die NPD so viel Einfluss wie in Mecklenburg-Vorpommern. Bis September 2016 stellte die neofaschistische Partei fünf Landtagsmitglieder, von 2006 bis 2011 waren es sogar sechs. Bei den letzten Landtagswahlen verfehlte die NPD mit 3 Prozent den Wiedereinzug, übrig bleiben 26 Mandate in den Kreistagen, Städte- und Gemeindevertretungen. Ganze Landstriche besonders in Vorpommern, und Dörfer, wie das bundesweit bekannt gewordene Jamel bei Wismar, stehen unter dem Einfluss der Faschisten.

Dieser Einfluss hätte am 17. Januar vom Bundesverfassungsgericht zurückgedrängt werden können. Die Karlsruher Richter stellten zwar fest, dass die NPD verfassungsfeindlich, ihr Handeln gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet ist und sie wesensverwandt mit der NSDAP sei, für ein Verbot sei sie aber zu unbedeutend. Die NPD ist zwar in keinem Landtag mehr vertreten, unbedeutend ist sie aber, besonders im ländlichen Raum, keinesfalls. Die NPD dient weiterhin als richtungsweisende und organisatorische Stütze für die örtlichen Nazistrukturen. Sie ist bis weit hinein in die militanten Kameradschaftsstrukturen vernetzt und bietet mit dem „Thinghaus“ in Grevesmühlen einen Treffpunkt für Faschisten aus ganz Deutschland. Demonstrationen des mecklenburgischen Pegida-Ablegers (Mvgida) wurden durch Mitglieder der NPD angemeldet, organisiert und dienten als Trojanisches Pferd um den Einfluss der extremen Rechten weiter auszubauen und Kontakte mit dem rassistischen und völkischen Flügel der AfD zu knüpfen.

Besonders in Güstrow sind Mitglieder der NPD und der „Jungen Nationaldemokraten“ sehr aktiv, wenn es um gewaltsame Aktionen gegen Flüchtlinge und Antifaschisten geht. Angriffe auf Willkommens- und Integrationsfeste für Geflüchtete, Flüchtlingsunterkünfte und Einschüchterungsversuche auf AntifaschistInnen sind in der 29000 Einwohner zählenden Stadt keine Seltenheit.

Der ehemalige NPD Stadtvertreter Nils M. gilt als einer der zentralen Akteure im Güstrower Raum. Im Verbotsantrag gegen die NPD findet sein Name im Kapitel „Räumlicher Dominanzanspruch gegen Minderheiten und Andersdenkende“ mehrfach Erwähnung. Im Frühjahr 2016 stieg M. aus der NPD aus – vermutlich aus taktischen Gründen: Die NPD wollte anscheinend kurz vor den Landtagswahlen einen Kleinkriminellen loswerden. Sein Aktivismus für die Partei ist seitdem jedoch ungebrochen.

Für Antifaschisten in Meck-Pomm dürfte der Wind demnächst wieder rauer werden. Durch das schwebende Verbotsverfahren verhielt sich die NPD in den letzten Monaten eher zurückhaltend. Ein aggressiver Straßenwahlkampf wie in den letzten Jahren blieb größtenteils aus. Die Partei verhielt sich eher bürgerlich, um keine weiteren Gründe für ein mögliches Verbot zuliefern. Mit dieser Zurückhaltung dürfte nun nach dem Richterspruch Schluss sein. Auch wenn die NPD nicht mehr über die Schlagkraft verfügt, die sie noch vor wenigen Jahren hatte, ist anzunehmen, dass sie jetzt wieder aktiver werden und sich zunehmend radikalisieren wird. Aber nicht nur die NPD dürfte sich radikalisieren, ausgehend von dem ihnen Mut machenden Urteil dürften sich AfD, Identitäre Bewegung und unorganisierte Faschisten ermuntert fühlen, aktiver und aggressiver aufzutreten.

Vorbestrafte Hardliner der NPD wie Udo Pastörs (wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung mehrfach verurteilt), Stefan Köster (ehemaliges Mitglied der Wiking-Jugend, wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt) oder Andreas Theißen (ehemaliges Mitglied der Wiking-Jugend, wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, Körperverletzung und Nötigung verurteilt) dürften sich durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt fühlen. Stellt das Urteil doch eindeutig klar: In der Bundesrepublik Deutschland ist Platz für ihre rassistische, aggressive und faschistische Partei, die sich neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden auch durch staatliches Geld finanziert. In Mecklenburg-Vorpommern sind das allein über 20 000 Euro für das Jahr 2017.

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"Unbedeutend", UZ vom 10. Februar 2017



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