NATO-Narrative verdecken Ursachen

Ukrainekrieg hat eine Vorgeschichte

„Wird die Ukraine zum strategischen Erfolg für Washington?“ fragt Rainer Rupp auf der inzwischen verbotenen Internet-Plattform Russia Today. „Seit Jahrzehnten hatte Washington Europa nicht mehr so fest im Griff.“ Wie während der Höhepunkte des Kalten Kriegs gibt es derzeit im politischen, wissenschaftlichen, kulturellen und sportlichen Sektor der BRD eine Welle von Rus­sophobie. Der Krieg und stets steigerbare Sanktionen halten den Hass in Gang und eskalieren ihn. Bestrebungen zur Kooperation statt Konfrontation werden „auf Eis gelegt“ oder gecancelt. Der Krieg bringt Zerstörung und Leid für die ukrainische und die russische Bevölkerung. Seine globalen und Langzeitwirkungen sind noch nicht absehbar. Den Fortschrittskräften hierzulande schafft er vorerst jede Menge neue Probleme und Herausforderungen.

Die politische Klasse preist die Geschlossenheit der NATO, der EU, der Systemparteien. Eine gelb-blau-drapierte Friedensbewegung entsteht über Nacht mit vielen neu in die Politik geschleuderten jungen Menschen, die der „Krieg in Europa“ aufschreckt. Das Wissen darüber, was zu dieser Situation geführt hat, beschränkt sich oft auf: „Putin ist böse“. Geht die traditionelle Friedensbewegung darin auf? Wird sie als „Putin-Versteher(in)“ diffamiert und marginalisiert? Beides ist nicht zwangsläufig. Es hängt davon ab, wie weit es gelingt, möglichst vielen Menschen die Vorgeschichte und den internationalen Zusammenhang der Ereignisse zu erklären und die militaristischen Narrative der NATO-Eliten zu widerlegen. Ihre Narrative stützen sich auf schon früher geformte Vorurteile, die der Ukraine-Konflikt zu bestätigen scheint. Drei Beispiele:

  1. Die Kriegsursachen werden psychologisiert, Putin als aggressiver, machthungriger Diktator oder als „durchgeknallt“ dämonisiert. Dämonisierung des Gegners suggeriert die eigene moralische Überlegenheit und gehört zum NATO-Repertoire. US-Präsident Rea­gan bezeichnete 1983 die UdSSR als „Reich des Bösen“. US-Präsident George W. Bush nannte 2002 den Iran, den Irak und Nordkorea die „Achse des Bösen“. Zu Putin hatte der Westen 2002 gute Beziehungen. Dämonisierung und Psychologisierung können nicht erklären, weshalb Beziehungen zwischen Staaten sich verschlechtern und es zu Kriegen kommt. Daher tragen sie auch nichts zur zukünftigen Vermeidung von Kriegen bei. Sie befeuern nur schon bestehende Konflikte.
  2. Ein Narrativ lautet, Putin habe die „europäische Friedensordnung“ zerstört. Das sei eine „Zeitenwende“, die in der „Rückkehr des Krieges nach Europa“ bestehe. Unterschlagen werden die NATO-Bomben auf Belgrad und der Kosovokrieg 1999, der nie sanktioniert wurde und Putin eine Blaupause lieferte. Zudem sind die Kriege im Irak, in Afghanistan, Libyen und Syrien, an denen EU- und NATO-Staaten oder -Aspiranten sich beteiligten, nicht weniger grausam als Kriege in Europa. Totgeschwiegen wird auch der seit 2014 geführte Krieg Kiews gegen die Volksrepubliken im Donbass. All diese Kriege zeigen, dass NATO-Dominanz alles andere als „Friedensordnung“ ist. Eine Friedensordnung in Europa kann es nur mit, nicht gegen Russland geben.
  3. Ein drittes Narrativ besagt, im Ukrainekrieg kämpfe die „Demokratie gegen Autoritarismus“. In der Realität ist die Ukraine kein Jota „demokratischer“ als Russland. Die ökonomische Macht haben in beiden Ländern Oli­garchen. Staatsapparat, Armee und Sicherheitsorgane der Ukraine sind seit 2014 mit Neonazis durchsetzt. Die KP der Ukraine und Oppositionspolitiker werden unterdrückt. Kiews „Anti-Terror-Krieg“ gegen die Volksrepubliken im Donbass kostete 14.000 Menschen das Leben. Nicht die „Demokratie“ wird in der Ukraine verteidigt. Das Land dient den USA als Frontstaat zur Eindämmung Russlands und Chinas. Die Eindämmungspolitik soll den Übergang von der monopolaren US-Dominanz zu einer multipolaren Weltordnung bremsen.

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"Ukrainekrieg hat eine Vorgeschichte", UZ vom 11. März 2022



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