Überzeugungstäter

Werner Großmann, der letzte Chef der DDR-Auslandsaufklärung, ist am vergangenen Freitag im Alter von 92 Jahren verstorben. Großmann trat am 1. März 1946 als Jugendlicher der KPD bei. Er gehörte zu jener Generation, die die DDR aufbaute – als Konsequenz aus Faschismus und Krieg. Diese Konsequenz behielt er bei. Daran änderten auch der Untergang der DDR, seine Festnahme keine 24 Stunden später und die darauffolgende Hexenjagd nichts.

Die Siegerjustiz zog bei ihm nicht. Nach fast fünf Jahren musste der Generalbundesanwalt seine Klage gegen Großmann zurücknehmen und das Verfahren einstellen. Das Bundesverfassungsgericht hielt fest: „Die Angehörigen der Geheimdienste der DDR haben – wie die Geheimdienste aller Staaten der Welt – eine nach dem Recht ihres Staates erlaubte und von ihm sogar verlangte Tätigkeit ausgeübt.“

Großmann, seit 1952 beim Ministerium für Staatssicherheit, brauchte für diese Tätigkeit keinen Befehl, er war Überzeugungstäter. Als er im März 2017 in der überfüllten Ladengalerie der „jungen Welt“ sein gleichnamiges Buch vorstellte, sagte er, dass er stolz darauf sei, mitgeholfen zu haben, den Frieden in Europa zu erhalten. Davon zeugen auch die Bücher „Fragen an das MfS“, das er mit herausgegeben hat, oder „Hauptverwaltung A. Geschichte, Aufgaben, Einsichten“ (alle Edition Ost).

„Werner Großmann stand für eine Auslandsabwehr, die sich ganz der Verteidigung des Friedens verschrieben hatte“, erklärte Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, am Montag. Der Ehrenname „Kundschafter des Friedens“ sei hier völlig richtig. Auch nach der Konterrevolution habe Großmann konsequent gegen Krieg, Faschismus und damit Kapitalherrschaft gestanden. „Deswegen war und blieb er Kommunist. Der Kundschafter Werner Großmann, seine Standhaftigkeit und Erfahrung werden uns – auch angesichts der heute wachsenden Kriegsgefahr, der Hetze gegen Russland und China – fehlen“, so Köbele.

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"Überzeugungstäter", UZ vom 4. Februar 2022



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