Zu „Helm ab zum Gebet“, UZ vom 16. Juni

Überzeugter Christ

Manfred Pohlmann, Hamburg

Danke für den Artikel von Ralf Hohmann. Dazu passt es aus meiner Sicht ganz gut, an einen wirklich überzeugten Christen und Humanisten zu erinnern: Albert Schweitzer, dessen fünfbändiges Werk schon in der DDR mit großem Interesse aufgenommen wurde. Er hat vor etwa 100 Jahren die „Ehrfurcht vor dem Leben“ als das „Ideal des materiellen und geistigen Seins des Menschen“ gesehen. Eingedenk der Erfahrungen der Weltkriege wird in Schweitzers Kulturphilosophie nicht nur die Ehrfurcht vor dem Leben, sondern auch sehr klar im Detail vorgeformt, dass die Entwicklung der „Mordwerkzeuge den Unterschied zwischen Kämpfern und Nichtkämpfern“ zerstört habe: „Unsere Zeit“, so schreibt er dort, „schlägt sich in Sinnlosigkeiten herum wie ein gefallenes Pferd in seinen Strängen. (…) Auf die Füße kommt das Pferd erst wieder, wenn man es abschirrt und beim Kopfe aufrichtet.“ Er belässt es dabei nicht bei allgemeinen humanistischen Erwägungen, sondern bezieht Stellung zu geschichtlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen, gipfelnd in dem Satz, dass unsere Welt erst wieder auf „die Füße kommt (…), wenn sie sich beibringen lässt, dass ihr Heil nicht in Maßnahmen, sondern in neuen Gesinnungen besteht“. Immerhin war Schweitzer sich im Klaren, dass der Marxismus „den Mechanismus der Geschichte“ aufdecke und zeige, „wie die Aufeinanderfolge der verschiedenen Gesellschaftsordnungen“ „auf die schließliche Ablösung der privaten Produktion durch die staatlich-kommunistische als auf die logische Krönung“ der Gesamtentwicklung zustrebe. Und schließlich: „Durch Marx wird Hegels Glaube an den immanenten Fortschritt, wenn auch in etwas veränderter Fassung, Überzeugung der Massen. Sein optimistischer Wirklichkeitssinn kommt ans Ruder.“ So sei es.

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"Überzeugter Christ", UZ vom 30. Juni 2023



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