150 Länder haben die Rekrutierung Minderjähriger als Soldaten gestoppt, Deutschland ist nicht darunter. Wie die antimilitaristische Kampagne „Unter 18 nie!“ in der letzten Woche bekannt gab, wurden allein von Januar bis November 2019 insgesamt 1.534 Minderjährige von der Bundeswehr neu eingestellt – 974 davon als Freiwillige Wehrdienstleistende und 560 als Soldaten auf Zeit. Damit sei die Zahl zwar im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken, bleibe aber weiter auf einem „skandalös hohen Niveau“. Insgesamt 669 der Soldatinnen und Soldaten seien sogar nach Ablauf ihrer Probezeit beziehungsweise ihres Widerrufsrechts noch nicht volljährig, monierte die Kampagne in einer Stellungnahme. Laut Bundesregierung seien 288 der minderjährigen eingestellten Rekruten im vergangenen Jahr Mädchen gewesen. Seit Aussetzung der Wehrpflicht hätten über 13.000 Minderjährige ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten, betonten Kampagnenvertreter weiter.
Für Ralf Willinger von „terre des hommes“, der Trägerorganisation der Kampagne, die unter anderem von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen und -gegner, Gewerkschaften und der Friedensbewegung unterstützt wird, ist hingegen klar, dass die Bundesregierung „endlich die Rekrutierung minderjähriger Mädchen und Jungen als Soldaten stoppen“ muss. Schließlich sei eine Armee „kein Platz für Kinder und Jugendliche“.
Die Regierungskoalitionäre von CDU/CSU und SPD ficht dies jedoch nicht weiter an. Dabei weist die Kampagne „Unter 18 nie!“ unter anderem darauf hin, dass es auch in der Bundeswehr „immer wieder zu schweren Verletzungen der Kinderrechte wie Unfällen bei militärischen Übungen, sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen“ komme. „Statt Minderjährige solchen Gefahren auszusetzen, sollte die Bundesregierung sie davor schützen, wie es die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen verlangt“, erneuerte Kampagnensprecher Willinger seine Forderung.
Das Fazit der Organisationen, die die Kampagne „Nie unter 18!“ mittragen, ist jedenfalls eindeutig: „Die Prämisse, bei der Bundeswehr handele es sich um eine demokratisch legitimierte Parlaments- und reine Verteidigungsarmee, trägt unserer Meinung nach aus verschiedenen belegbaren Gründen nicht mehr und sollte zumindest kritisch hinterfragt werden, wie es in der Öffentlichkeit in Bezug auf die fragwürdige Legitimation der Vielzahl an weltweiten Auslandseinsätzen vermehrt geschieht.“
Am 12. Februar, dem Internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten, wollen Antimilitaristen beim sogenannten „Red Hand Day“ mit verschiedenen Aktionen gegen den Einsatz von Minderjährigen bei der Bundeswehr protestieren. Besagter Gedenk- und Protesttag war anlässlich des Inkrafttretens des Fakultativprotokolls über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten zur UN-Kinderrechtskonvention am 12. Februar 2002 ins Leben gerufen worden.