Typisch

Siw Mammitzsch zur Heizkostenverordnung

Man mag einwenden, dass die Mehrkosten, die durch Umsetzung der europäischen Energieeffizienzrichtlinie in der Heizkostenverordnung (HeizkV) entstehen, im Vergleich zu den steigenden Energiekosten eher gering ausfallen. Vor allem die Betroffenen der Pleiteanbieter bei Gas und Strom haben mit ganz anderen Summen zu kämpfen. Es ist aber die Gesamtheit der Belastungen, die die Leute zu Recht wütend macht. Und es ist das System.

Es wird uns suggeriert, dass nur die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Lage wären, Energiekosten einzusparen. Dass die steigenden Kosten die Einsparungen übersteigen, wir also vom Klimaschutz nicht selber profitieren, ist skandalös, weil das Geld in andere Hände fließt. Insbesondere viele ältere Menschen und Leistungsempfänger, die auf den Postversand angewiesen sind, treffen diese zusätzlichen Kosten hart.

Nicht eingerechnet sind die klimatischen Folgekosten der Übersendung der monatlichen Verbräuche – Papier, Posttransport, Personal, Energie für Digitalisierung und so weiter – im Verhältnis zum Effekt der Absenkung der Heizkosten. Selbst wenn die Mieterinnen und Mieter tatsächlich ihre Verbräuche senken können, dann doch nur, um die gestiegenen Kosten abzufangen, aber nicht aus Klimagesichtspunkten. Das ist eher Gängelei.

Damit mutiert die neue Heizkostenverordnung zum Umverteilungsprogramm für die großen Abrechnungsunternehmen, weil die Kosten derart unverschämt abgewälzt werden können. Mit Klimapolitik hat das wenig zu tun. Für etliche Haushalte dürfte die Frage drängender werden: Essen oder Heizen? Wer nicht heizt, bekommt jedoch Schimmel. Der einmalige Zuschuss zum Wohngeld ist völlig unzureichend, eine Entsprechung bei den Kosten der Unterkunft gibt es überhaupt nicht.

In unseren Taschen bleibt immer weniger, in denen der großen Konzerne immer mehr – das schreit geradezu nach Vergesellschaftung.

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"Typisch", UZ vom 28. Januar 2022



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