Proteste und Forderungen

Türkischer Despot zu Besuch in Deutschland

Von Markus Bernhardt

Mehrere Tausend Menschen haben am vergangenen Wochenende unter anderem in Berlin und Köln gegen den Staatsbesuch des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Aufgerufen zu den Protesten hatten kurdische Organisationen, sowie türkische und deutsche Linke. Die Proteste fielen jedoch kleiner als ursprünglich erwartet aus. Grund wird bei vielen die Angst vor Überwachung, heimlich gemachten Aufnahmen ihrer Teilnahme und „agents provocteurs“ des türkischen Geheimdienstes gewesen sein.

Das Kölner Anti-Erdogan-Bündnis erklärte in seiner Stellungnahme zu den Forderungen ihrer Demonstration, dass „statt Erdogan zu hofieren, die deutsche Regierung den Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes hier in Deutschland Einhalt gebieten, sowie die Repression, Verfolgung und Kriminalisierung türkischer und kurdischer oppositioneller Organisationen und Einrichtungen durch die deutschen Behörden unverzüglich beenden“ solle. Angaben verschiedener kurdischer Internetseiten zufolge, hat sich ein aus Ingolstadt stammender junger Mann selbst verbrannt, um gegen den Staatsempfang Erdogans und die 20-jährige Inhaftierung Abdullah Öcalans zu protestieren. Reaktionen auf die Selbstverbrennung von offizieller Seite blieben unterdessen vollständig aus.

Erdogan selbst bezeichnete seine Reise nach Deutschland bei seiner Abreise als gelungen. „Es war ein erfolgreicher Besuch“, sagte der Despot in Interviews, die er beim Rückflug nach Ankara mitreisenden Journalisten gewährte. Tatsächlich kann Erdogan seine Reise als politischen Punktesieg für sich verbuchen. Zwar hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) dem türkischen Präsidenten mitgeteilt, sich um „deutsche Staatsangehörige, die aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind“, und „auch um türkische Journalisten, Gewerkschafter, Juristen, Intellektuelle und Politiker, die sich noch in Haft befinden“ zu sorgen, Erdogan interessierte dies jedoch erwartungsgemäß nicht sonderlich. Viel wichtiger für seine Landsleute war, dass er mit allen Ehren eines Staatsbesuchs hofiert wurde. Er behauptete, dass in Deutschland „Hunderte, Tausende von Terroristen“ frei herumliefen und forderte „Respekt“ für die türkische Politik. Er verlangt die Auslieferung von 136 Menschen und bezeichnete die Gesuchten als „Terroristen“. Man habe der deutschen Regierung eine entsprechende Namensliste übergeben, sagte Erdogan laut der Zeitung „Hürriyet“. Vergangene Woche war laut türkischen Medienberichten noch von 69 Menschen die Rede. Natürlich gebe es weiter Probleme, sagte Erdogan nach seinem Deutschland-Besuch. „Ich kann nicht sagen, dass wir alle überwunden haben.“ Es sei zum Beispiel nicht nachvollziehbar, warum Deutschland trotz türkischer „Beweise“ Mitglieder der Gülen-Bewegung und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK nicht ausliefere. Mit ihrer Politik der unverbindlichen Allgemeinplätze hat sich die deutsche Politik jedenfalls einmal mehr zum Erfüllungsgehilfen eines Diktators gemacht.

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"Türkischer Despot zu Besuch in Deutschland", UZ vom 5. Oktober 2018



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