Am 20. September beginnt der ver.di-Bundeskongress in Leipzig. Eine Woche lang wählen und beraten die über 1 000 Delegierten einen Papierberg mit über 9 kg Gewicht – das sind 1 345 Anträge aus 20 Sachgebieten. 50 Anträge davon beschäftigen sich mit TTIP, CETA, TISA, die übergroße Mehrheit mit Forderungen wie: „Weg mit TTIP & Co“ oder „Stoppt TTIP & Co“.
30 der 50 Anträge werden von der Antragsberatungskommission als „Erledigt durch Antrag H001“ empfohlen. Dieser „H001“ ist der Leitantrag des Gewerkschaftsrats. Er trägt die Überschrift „Globalisierung sozial und demokratisch gestalten – Für eine faire und nachhaltige Handelspolitik“. Damit wird ein Kurswechsel in der EU-Handelspolitik gefordert. Er benennt alle Gefahren, die von diesen Verträgen ausgehen, auch die Absicht der Transnationalen Konzerne, in deren Händen bereits heute schon zwei Drittel des Welthandels liegen, den Zwang zur weiteren Marktöffnung zu verschärfen und einmal erreichte Liberalisierungsniveaus unumkehrbar zu machen.
Zusammengefasst heißt es im Leitantrag „H001“:
H ILO-Kernarbeitsnormen müssen vollständig ratifiziert werden.
H Öffentliche Dienstleistungen müssen aus den Abkommen ausgeklammert werden.
H Bei Regelungen zur öffentlichen Beschaffung müssen Tarifverträge eingehalten sowie soziale und ökologische Kriterien unterstützt werden.
H Gesundheits- und Verbraucherschutz sowie Sozial- und Umweltstandards dürfen nicht gefährdet werden
H Investoren/Staats-Streitschlichtungsverfahren werden abgelehnt.
H „Regulierungsräte“ dürfen nicht eingerichtet werden.
H Grenzüberschreitende Entsendungen von Arbeitskräften dürfen nationale Standards nicht unterlaufen.
H Revisionsklauseln müssen enthalten sein, die eine Korrektur von Fehlentwicklungen ermöglichen.
Die restlichen 20 Anträge sollen dem fünfseitigen „H031“ der Landesbezirkskonferenz Nordrhein-Westfalen mit dem Titel „Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TISA verhindern – Ein Handlungsprogramm für ‚Gute Arbeit, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltiges Wirtschaften‘ entwickeln“ zugeordnet werden. Dieser Antrag wiederum wird von der Antragsberatungskommission zur „Annahme als Arbeitsmaterial zur Weiterleitung an den Bundesvorstand“ empfohlen.
Ein Minus bei den meisten Forderungen ist, dass immer nur der Erhalt jetziger Standards gefordert wird. Was aber ist mit künftigen Schutzgesetzen, die gegen heute noch nicht bekannte Techniken und Missstände erlassen werden sollten und müssten?
Der Schluss des dominierenden Leitantrages „H001“ lautet:
„Ohne diese Mindestanforderungen (s. o.) sind die aktuell verhandelten Handelsabkommen aus gewerkschaftlicher Sicht nicht zustimmungsfähig. Der bereits vorliegende Vertragstext des CETA-Abkommens erfüllt diese Mindestanforderungen nicht. Deswegen lehnt ver.di CETA ab. ver.di unterstützt die Europäische Bürgerinitiative „Stopp TTIP und CETA“ und wird gemeinsam mit seinen zivilgesellschaftlichen Bündnispartnern die internationalen Handelsabkommen weiterhin zum Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen machen.“
Für uns heißt das, dass wir als Nächstes in allen Städten die ver.di- und DGB-Geschäftsstellen kontaktieren, um immer wieder zu fragen, wie weit die Mobilisierung für die Demonstration am 10. Oktober in Berlin gediehen ist. Wie viele Busse fahren, ob und was es kostet, wo und wann die Abfahrtstellen sind.
Die Praxis zeigt derzeit, dass die Aufforderung „… gemeinsam mit den Bündnispartnern die internationalen Handelsabkommen zum Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen (zu) machen“ noch nicht überall bei ver.di/DGB angekommen ist.
Es ist zu hoffen, dass die Diskussionen über TTIP & Co. auf dem ver.di-Kongress die Einsicht in die Notwendigkeit, etwas gegen die weitere Ausdehnung der Krake Transnationale Konzerne in und über unsere Zivilgesellschaft zu tun, stärkt – und so auch die Mobilisierung für Berlin in Fahrt kommt.
Und natürlich müssen wir überlegen, was wir selbst noch dazu tun können.