Militär und Kapital wollen sich nicht länger vertreten lassen und übernehmen das Regierungsgeschäft selbst

Trumps Gruselkabinett

Von Klaus Wagener

Es ist schon eine recht eigenartige, nicht gerade übermäßige Kompetenz ausstrahlende Truppe, welche Donald Trump und sein Vize Mike Pence da im Weißen Haus um sich scharen. Pence, der Anwalt, Showmoderator und Gouverneur, ist Abtreibungs- und Evolutionstheoriegegner sowie Leugner der durch Menschen verursachten Klimaerwärmung. Und natürlich ist er ein Befürworter des „Schlanken Staates“, von Steuersenkungen und Schuldenbremse. Noch mehr als Trump ist er einer dieser geradezu klassisch-neoliberalen, glaubensstark-neokonservativen Republikaner, die sich über die Widersprüchlichkeit und die längerfristigen Konsequenzen ihres Tuns keine schlaflosen Nächte bereiten. Pence wird nachgesagt, dass er großen Einfluss auf die Entscheidungen Trumps hat. So sieht die Mannschaft denn auch aus.

Da gibt es mit James Mattis einen General im Kriegsministerium, einen General, John Kelly, für das „Heimatschutzministerium“ und einen General, Michael Flynn, als Sicherheitsberater. Die ersten beiden sind „Marines“, der letztere ein Geheimdienstler. Mit drei Generalen – alles militärische Hardliner – auf wichtigen Kabinettsposten wird das Pentagon in der Trump-Regierung in allen Fragen der „Sicherheit“, genauer der Kriegsführung, maßgebend vertreten sein. General David Petraeus und Admiral Michael Rogers sollen möglicherweise noch auf wichtigen Positionen dazu kommen. Falls es im militärisch-industriellen Komplex tatsächlich jemals Bedenken hinsichtlich der (Kriegs-)Zuverlässigkeit der neuen Administration gegeben haben sollte, so dürften diese der Vergangenheit angehören. Das erste Kabinett Trump erscheint als Unterabteilung des Pentagon.

Ebenso sieht es im Hinblick auf die Liste der Ernennungen im Bereich Wirtschaft und Finanzen aus, die sich wie eine Wunschliste von Goldman Sachs liest. Nach Steven Mnuchin (Finanzen) und Stephen Bannon (Strategie) soll nun der dritte „Goldman“, Gary Cohn, den Nationalen Wirtschaftsrat leiten.

Wenn man aus den bislang bekannten Personalien politisch-strategische Schlüsse ziehen möchte, so deutet einiges auf eine weitere Militarisierung der ohnehin militarisierten US-Außenpolitik hin. Inwieweit sich diese Mannschaft tatsächlich, wie von Trump versprochen, mit den ausländischen Mächten „vertragen“ wird und mit welchen genau, bleibt abzuwarten. Bislang handelt es sich eher um ein Versprechen nach Theodore Roosevelt: „Rede sanft und trage einen großen Knüppel.“

Einen interessanten Kontrapunkt zur Dominanz des Pentagon bildet die Wahl von Ex-ExxonMobile-Chef Rex Tillerson, der das Außenministerium leiten soll. Tillerson gilt als jemand, der auch in Russland gut vernetzt ist, als „Putin-Freund“ (laut „Bild“). Seine drohende Ernennung hatte einen Aufschrei der hiesigen Qualitätspresse zur Folge. Mit Tillerson könnte eine modifizierte Variante US-amerikanischer Geostrategie zum Zuge kommen. Klar ist in jedem Falle, dass in der US-Perspektive die Hauptgefahr für die globale Vorherrschaft von einem Zusammenschluss der eurasischen Hauptmächte ausgeht. Nach 1945 galt es daher, vor allem die UdSSR zu isolieren. Dazu wurde ein strategisches Bündnis, auch mit „Rotchina“, geschlossen. Die USA zahlten dafür einen Preis, und dieser hieß Taiwan. China stieg mit Billigung des Imperiums zur globalen Nummer Zwei auf. Damit änderten sich allerdings die geostrategischen Vorzeichen. Nun heißt der stärkste Herausforderer China. Grob formuliert: Ob man es nun möchte oder nicht, das schwächer werdende Imperium wird gezwungen sein, auch auf die ehemaligen Schurkenstaaten zuzugehen oder alles zu verlieren. Das betrifft Russland, aber auch Iran.

Zbigniew Brzezinski hatte diese Möglichkeit schon 2012 in „Strategic Visions“ angedeutet. Donald Trump hat nun, gewissermaßen anknüpfend an Hillary Clintons „Pazifisches Jahrhundert“, die taiwanesische Karte gespielt. Kein Zufall, wie man weiß. China sei für die Hälfte des US-amerikanischen Außenhandelsdefizits verantwortlich, hatte Trump im Wahlkampf gesagt.

Taiwan ist für die Volksrepublik nicht verhandelbar. Trump hätte keinen besseren Anlass zum Streit finden können.

Skepsis bleibt angebracht. Die bisherigen US-Versuche, konstruktive Politik zu machen, sind, abgesehen von Mitteleuropa vor 60 Jahren, mehr oder weniger alle krachend gescheitert. Mal abgesehen davon, dass es nun diese Mitteleuropäer sind, die heftig gegen eine solche Schwerpunktverschiebung opponieren, müsste man, um Erfolg zu haben, erst einmal die ideologischen Bretter vom Kopf entfernen. Und ob das gerade einem Donald Trump gelingt?

Andererseits stecken die asiatischen Bündnissysteme, wie die 1996 gegründete Shanghai Cooperation, noch in den Anfängen. Dennoch bringen Technologiestaaten wie China und Indien und Energiestaaten wie Russland und Iran ein großes Entwicklungspotential ein. China hat mit dem Projekt einer „Neuen Seidenstraße“ ein gigantisches Infrastrukturprojekt für 60 Staaten im Umfange von mehreren Billionen Dollar angestoßen. Mit der Realisierung dieser Projekte dürfte bei vielen die Neigung schwinden, all das Washington zuliebe in endlosen Kriegen zerstören zu lassen.

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"Trumps Gruselkabinett", UZ vom 16. Dezember 2016



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