Auch 54 Mrd. Dollar mehr fürs Pentagon machen USA nicht „great again“

Trump und die Rüstung

Von Klaus Wagener

Es sind erstaunliche Zeiten. Nichts ist aktuell angesagter als den US-Präsidenten zu beschimpfen. Donald Trump scheint im Ranking der bestgehassten Männer gerade sogar Wladimir Putin den Rang abzulaufen. Das Zwischenhoch von Herrn Erdogan einmal unbeachtet. Der „Lügenpresse“ ist die erstaunliche Leistung gelungen, nicht nur die „Lufthoheit über den Stammtischen“ zurückzuerobern, sondern auch viele sich links Wähnende zu beeindrucken.

Natürlich gibt es gute Gründe für die Kritik an der gegenwärtigen US-Regierung. Einer davon ist die angekündigte Steigerung des Militärbudgets um 54 Mrd. Dollar. Genau hatte Donald Trump gesagt, „Wir werden unserem Militär die Ausrüstung geben, die man braucht, um Kriege zu verhindern und, wenn erforderlich, Krieg zu führen und um dann nur eine Sache zu tun – ihr wisst welche das ist? Gewinnen! Gewinnen! (Applaus) Wir fangen an wieder zu siegen.“ Das klingt ein bisschen anders als die großen Überschriften und kann vieles heißen. Und in Bezug auf China nicht unbedingt Gutes. Aber der Aufschrei in den nach deutscher Aufrüstung gierenden Mainstream-Medien klingt doch arg nach „Haltet den Dieb!“. Der US-Präsident ist für die Damen von der Leyen, Merkel, Springer und Mohn der ideale Watschenmann, der nicht nur von den eigenen Macht- und Kriegsträumen ablenken, sondern sie möglichst legitimieren soll.

In der Sache sind die Trumpschen Rüstungspläne, so sie denn Realität werden, bei weitem nicht so exorbitant, wie in den Medien und, aus anderen Motiven, von ihrem Urheber verbreitet wird. Der US-Rüstungshaushalt gleicht ein wenig einer Bankbilanz, seine Höhe bemisst sich nicht unwesentlich nach den Posten, die in die Bewertung einfließen. Der offizielle Ansatz des Pentagon für 2017 beträgt 523,9 Mrd. Dollar. Zählt man die diversen, in anderen Haushalten versteckten, aber kriegs- und rüstungsinduzierten Ausgaben wie Kriegskosten (GWOT), Veteranenversorgung, militärische und zivile Auslandshilfe (800 Militärbasen), Geheimdienste, Homeland Security etc. zusammen, so sind dies, je nach Zählweise, rund 250 – 330 Mrd. Dollar. Die militärischen Gesamtkosten der imperialen US-Geopolitik dürften aktuell bei min. 770 Mrd. US-Dollar/Jahr liegen. Von den realwirtschaftlichen Deformierungen gar nicht zu reden.

Zwar hatte die Bush-Administration nach 9/11 die höchsten Steigerungsraten für die Kriegskasse durchsetzen können, aber das (auch offiziell) absolut höchste Militärbudget seit dem II. Weltkrieg gab es 2010 unter dem Friedensnobelpreisträger. Alles in allem rund 850 Mrd. Dollar. Diesen Wert dürfte auch Donald Trump nicht so schnell wieder erreichen können. Barack Obama machte, nicht zuletzt für Krieg und Militär, Schulden in Höhe von rund 10 Bio. Dollar, mehr als alle US-Präsidenten vor ihm zusammen. Es war weniger der Wille zum Frieden, sondern die katastrophale Haushaltslage, die Ende 2012 zu drastischen Ausgabenreduktionen (Sequester) auch für das Militärbudget und zu einem Beidrehen im Syrienkrieg führten. Auch Donald Trump kann das Geld nicht aus der Wand schlagen. Dazu kommt, der „größte Kriegspräsident der US-Geschichte“ hatte zwar von einer Welt ohne Atomwaffen geredet, aber ein gigantisches Aufrüstungsprogramm zur Rückgewinnung der atomaren Erstschlagfähigkeit gestartet, das die gesamte atomare Triade (Raketen, Bomber, U-Boote) umfasst und, weit über seine Amtszeit hinaus, die US-Bürger mit Kosten von mehr als 1 Billion Dollar belasten wird. Obamas Ziel hieß: atomare Kriege führbar machen.

Die zutiefst widersprüchliche Lage des Imperiums zwischen einerseits dem verbissenen Kampf um die Aufrechterhaltung seiner Suprematie und andererseits der Überdehnung seiner finanziellen und ökonomischen Möglichkeiten hat in der Krise, nach dem Ende der Großen Party, eine Generation von Verlierern produziert. Donald Trump ist der Ausdruck, das Symptom dieser großen gesellschaftlichen Krise. Nicht seine Ursache. Seine Regierung wird die USA kaum „great again“ machen können, ob sie zu einer gewissen, die veränderten Kräfteverhältnisse wahrnehmenden Frontbegradigung in der Lage ist, muss sich zeigen und hängt nicht von ihr allein ab. Das US-Establishment des „Weiter so!“, speziell die Geheimdienste, hat sich bekanntlich keineswegs mit Trump abgefunden. Wahlen hin oder her. In diesem Schlangennest legt schon der Selbsterhaltungstrieb eine Umarmung des Pentagon und der Wall Street nahe.

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"Trump und die Rüstung", UZ vom 10. März 2017



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