Die Bundesregierung hat am 27. April ein weiteres „Entlastungspaket“ auf den Weg gebracht. Mit diesem würden nach Zahlen des Bundesfinanzministeriums 15 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die Folgen der gegenwärtigen Preissteigerungen vor allem im Energie- und Lebensmittelsektor abzufedern.
Einen Tag später meldete das „Statistische Bundesamt“, die Inflation sei inzwischen auf 7,4 Prozent gestiegen – mit weiterer Tendenz nach oben. Rechnen wir mal ganz grob: Der durchschnittliche Anteil am Bruttoinlandsprodukt betrug in Deutschland im Jahre 2020 pro Kopf 40.072 Euro, nach 41.500 im Jahr 2019. Davon 7,5 Prozent sind mithin rund 3.000 Euro, die – gemessen an den Preisen vom Jahr 2020 – den Menschen an Kaufkraft im Laufe des Jahres durch die Preissteigerungen verdunsten. Diese Zahl – 3000 Euro – sollte man im Kopf haben, wenn die Entlastungszahlen über die Bildschirme und Displays flimmern. Im Juli bekommen Erwerbstätige einmalig 300 Euro brutto zusätzlich ausgezahlt. Das sind 10 Prozent dessen, was sie real in diesem Jahr an Einkommen verlieren werden. Rentenempfänger und Studierende gehen leer aus. Hartz-IV-Empfänger erhalten im selben Monat einen einmaligen Zuschlag von 200 Euro, Empfänger des Arbeitslosengeldes I nur die Hälfte, also 100 Euro.
Neben diesem einmaligen Schlag mit der Suppenkelle gibt es dann noch ein Dreimonats-Trostpflaster auf die Wunden, die Inflation, Aufrüstung und Sanktionen schlagen: Drei Monate lang – von Juni bis August – sinkt der Steuersatz für Benzin um knapp 30 Cent je Liter, der für Diesel um 14 Cent. Parallel dazu können wir alle für 9 Euro pro Monat den öffentlichen Personennahverkehr nutzen. Bereits beschlossen hat der Bundestag in der letzten Aprilwoche die Abschaffung der sogenannten „Erneuerbare Energie Gesetz“-Umlage (EEG-Umlage), mit der bisher vor allem die Errichtung von Windkraftanlagen durch die Stromkunden gefördert werden sollte. Rechnerisch könnte sie eine Entlastung von 4 Prozent der Stromkosten bringen.
Aber ebenso wie die Steuersenkungen auf Sprit stehen sie unter dem Vorbehalt des kapitalistischen Grundprinzips der Unantastbarkeit der Preisgestaltung durch das freie Unternehmertum: Was von diesen Geschenken beim Verbraucher ankommt, entscheiden weder sie noch die gewählten Volksvertretungen, sondern einzig und allein die Konzerne, die uns Benzin, Diesel und Strom verkaufen. Ihre Rechnung wird im Kern ganz einfach sein: Einbehalten wird von den Steuersenkungen auf jeden Fall das Geld, das für die Ausschüttung von Gewinnanteilen für die Anteilseigner vorgesehen ist. Und wenn dann noch etwas bleibt, wird es – wieder mit großer Geste – an die Kunden weitergereicht.
Für die Kinder gibt es auch was: Wer von ihnen in einer Familie mit Grundsicherung lebt, erhält 20 Euro monatlich.
Alle diese Maßnahmen seien weder konsequent noch „zielgenau“, kritisiert der Sozialverband VdK und führt beispielsweise zum monatlichen 20-Euro-Schein aus: „20 Euro im Monat sind viel zu wenig, um Kinder aus der Armut zu holen. Was diese Kinder schnell brauchen, ist eine Kindergrundsicherung, die für gesundes Essen, Kleidung, die Mitgliedschaft im Verein und den Computer zum Lernen reicht. Sie muss die tatsächlichen Bedarfe von Kindern abdecken, wie sie durch Befragungen empirisch belegt werden können. Nur so lässt sich verhindern, dass Kinder aus ärmeren Familien von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen bleiben.“
Die Stimme wird verhallen, wie so viele andere. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte laut „Süddeutscher Zeitung“ gegenüber diesen und anderen weitergehenden Forderungen auch aus seiner eigenen Partei klar: „Wir haben zwei Entlastungspakete geschnürt, und die sollen jetzt erst einmal wirken.“ Die Mittel des Bundes werden an anderen Stellen dringender gebraucht: Für das 100-Milliarden-Paket für neue Munition und die sich abzeichnende Übererfüllung des 2-Prozent-Ziels für Hochrüstung. Diese Vorhaben sind zeitlich nicht auf maximal drei Monate befristet.