Nach einer Stunde war der Zauber vorbei. Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) war vorgestellt, der Slogan „Für Vernunft und Gerechtigkeit“ etabliert und die Notizbücher der Hauptstadtjournalisten mit geistlosen Beobachtungen gefüllt. Übrig blieb der Eindruck, nichts so richtig Neues erfahren zu haben. Inhaltlich kratzt der Verein an vielen Oberflächen.
Bekanntgegeben wurden allenfalls die Ansprüche der Gründerinnen und Gründer. Dazu gehört der formulierte Wille, gegen den bellizistischen Mainstream anzuschwimmen und die „zunehmende Verengung des Meinungsspektrums“ aufzubrechen. Das macht BSW nicht zu einem sozialistischen Verein, noch nicht einmal zwingend zu einem linken; aber zu einem, dessen Entwicklung für linke und sozialistische Kräfte relevant ist. Das Gleiche gilt auch für die Tatsache, dass einige der bekannten Gründungsmitglieder zu den Organisatoren und Gesichtern der bisher größten Friedensdemonstration am 25. Februar in Berlin gehörten. Welche konkrete Politik daraus erwächst, muss beobachtet, analysiert und vor allem diskutiert werden.
Dass das kein Selbstläufer wird, haben die Pressekonferenz am Montag und der anschließende Trubel gezeigt. Die bürgerlichen Journalisten interessierten sich in der begrenzten Fragezeit nicht für die Inhalte, sondern für absurde Nebensächlichkeiten, die dem deutschen Polit-Theater längst zur Hauptsache geworden sind. Auch die von allen guten Geistern und zehn Bundestagsabgeordneten verlassene Linkspartei beschäftigte sich vor allem mit Mandaten und Finanzen – als sei die korrekte Vollstreckung des Testamentes das Wichtigste am eigenen Ableben. Dabei war es der Parteivorstand selbst, der auf dem Sterbebett noch die Trennung von Wagenknecht forderte, um fortan einen röchelnden Rosenkrieg zu führen. Dieser wird weitergehen. Es ist das Einzige, was der Rest-„Linken“ noch Kontur verleiht.
Was bleibt vom Programm der selbsternannten „progressiven“ und „Bewegungslinken“, wenn der verhasste Gegenpol von dannen zieht? Ein Wirrwarr von unvermittelbaren Einzelmeinungen und individueller Betroffenheit. Wenn das alles ist, kann sich die Partei jauchzend in die Klinge stürzen, die sie so lange an Wagenknecht gewetzt hat, oder endgültig in die Politiklosigkeit der anderen bürgerlichen Wahlvereine entschlafen. So oder so – schön wird es nicht.