Zum Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November

Trauer, Wut, Widerstand

Gewalt hat viele Gesichter und sie begegnet uns überall: zu Hause, auf der Arbeit, im öffentlichen Raum, im Netz. Sie beginnt nicht erst mit Schlägen. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen und Kontrolle sind Formen von Gewalt. Und die Gewalt trifft insbesondere Frauen. In Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt. Das sind mehr als 12 Millionen Frauen. Etwa jede vierte Frau erlebt körperliche oder sexualisierte Gewalt, die von ihrem aktuellen oder früheren Partner ausgeübt wird. Mädchen und Frauen mit Behinderung sind je nach Gewaltform zwei- bis dreimal häufiger betroffen als der Bevölkerungsdurchschnitt.

Nahezu ein Viertel aller in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fälle von Gewalt geschehen in den eigenen vier Wänden. Die Opfer häuslicher Gewalt sind zu mehr als 80 Prozent weiblich. Im vergangenen Jahr waren davon rund 175.000 Frauen betroffen – 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr als 265 Frauen wurden dabei getötet. Die Zahlen von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt steigen nahezu kontinuierlich an, in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Trotz steigender Zahlen werden noch immer viele Taten – etwa aus Angst oder Scham – nicht gemeldet. Die Dunkelziffer ist also weit höher.

Laut dem neuesten Bericht des UN-Kinderhilfswerks UNICEF sind mehr als 370 Millionen Mädchen und junge Frauen auf der Welt vor ihrem 18. Geburtstag Opfer von Vergewaltigungen oder sexuellen Übergriffen geworden. Am meisten betroffene Mädchen gibt es in Afrika südlich der Sahara (79 Millionen), in Ost- und Südostasien (75 Millionen), in Zentral- und Südasien (73 Millionen) sowie 68 Millionen Opfer in Europa und Nordamerika. Wenn „kontaktlose“ Formen sexueller Gewalt wie verbale Aggressionen mitgezählt werden, steigt die Zahl der betroffenen Mädchen und Frauen sogar auf 650 Millionen, so UNICEF.

Diese Zustände sind unhaltbar. „Gewalt gegen Frauen steht auch in direktem Zusammenhang mit Militarisierung und Krieg: Die deutsche Abschottungspolitik verwehrt Flüchtenden den Schutz vor patriarchalen Regimen und patriarchale Gewalt wird als Anlass für rassistische Hetze genutzt, statt endlich ausreichende Maßnahmen zum Gewaltschutz zu treffen. In fast allen bewaffneten Konflikten ist sexualisierte Kriegsgewalt, insbesondere gegen Frauen, allgegenwärtig“, heißt es im Aufruf des Aktionsbündnisses 8. März zur Demonstration in Stuttgart am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Besonders deutlich zeigt sich das enorme Leid derzeit in Gaza. Von den über 43.000 bislang registrierten Toten dort sind mehr als zwei Drittel Frauen und Kinder.

So vielfältig wie die Gewalt ist, die Frauen erleben, so vielfältig ist auch der Widerstand dagegen: Mit Massenstreiks und Demonstrationen sowie Hungerstreiks reagierte über eine Million Menschen in Indien auf die Vergewaltigung und den Femizid einer Medizinstudentin an ihrem Arbeitsplatz. Auf neue Gesetze der Taliban in Afghanistan, die Frauen unter anderem das Singen verbieten, antworteten mutige Frauen mit Videos, in denen sie Lieder des Widerstands gegen die patriarchale Herrschaft sangen. Nach zwei brutalen Femiziden in der Türkei antwortete die Frauenbewegung unmittelbar mit Demonstrationen in mehreren Städten. In Deutschland gibt es in vielen Orten immer wieder Gedenkaktionen für ermordete Frauen. So gedachten am 2. November in Stuttgart-Heslach über 150 Menschen Luminita P.s, die von ihrem Ex-Partner ermordet wurde, bevor er ihre Leiche in der Wohnung einmauerte, wie die Ermittler vermuten.

Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen gibt es an vielen Orten Kundgebungen und Demonstrationen. Lasst uns Trauer, Wut und gemeinsamen Widerstand am 25. November auf die Straße tragen.

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"Trauer, Wut, Widerstand", UZ vom 15. November 2024



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