Saudischer Wirtschaftsreformer und Kriegsminister zum Kronprinz ernannt

Träume von Krieg und Öl

Von Manfred Ziegler

Die Kriegskosten steigen, die Öleinnahmen sinken, die Arbeitslosigkeit wächst. Der bisherige Kriegsminister und neu ernannte Kronprinz Muhammad bin Salman al-Saud soll Saudi-Arabien aus der Abhängigkeit vom Öl herausführen und die Jugend des Landes an das Königshaus binden.

Knapp 10 Millionen Barrel Erdöl produziert Saudi-Arabien pro Tag, der aktuell niedrige Handelspreis liegt bei knapp über 40 US-Dollar pro Barrel. Saudi-Arabien versucht, gemeinsam mit Russland die Ölproduktion zu reduzieren, um den Preis hoch zu halten. Diese Vereinbarung wurde im Mai bis zum März 2018 verlängert. Saudi-Arabien hat dabei durchaus geteilte Interessen, schließlich hat das Königreich zuvor versucht, durch niedrige Preise die US-Ölindustrie zu zerstören. Dort sind nämlich die Förderkosten wegen der geologischen Gegebenheiten um ein vielfaches höher als in Saudi-Arabien. Der Versuch misslang, heute boomt die US-Ölförderung wieder. Und man sieht: Beim Geld hört die Freundschaft auch für den engsten Verbündeten der USA auf.

Ein weiterer Krieg auf dem großen Schauplatz Naher Osten ist der Krieg gegen den Jemen. Er sollte Saudi-Arabien stärken: Mehr militärische Macht und Einfluss sowie die Hoffnung auf steigende Ölpreise wegen des Krieges – das war wohl das Kalkül des saudischen Kriegsministers Muhammad bin Salman. Auch hier war das Ergebnis verheerend. Zwar gelang es der saudischen Luftwaffe mit der Hilfe der USA und Großbritanniens, die Infrastruktur des Jemen zu zerstören und eine humanitäre Katastrophe hervorzurufen. Doch irgendwie geartete Kriegsziele hat Saudi-Arabien nicht erreicht, die finanziellen Kosten des Krieges sind zunehmend eine Belastung für die Staatskasse.

Der Kriegsminister ist zugleich Chef des Wirtschaftsrates und soll ein Reformpaket vorantreiben, für dessen Entwicklung er ein Heer westlicher Berater engagiert hat. Das Land soll mit dem Megaprojekt ‚Vision 2030‘ vom Erdöl unabhängig werden. Muhammad bin Salman selbst hat es im April 2016 vorgestellt. Reformen scheinen in jeder Hinsicht unumgänglich. Zwei Drittel der saudischen Bevölkerung sind jünger als dreißig Jahre, das Durchschnittsalter liegt bei 26 Jahren. Aber 30 Prozent von ihnen sind trotz guter Ausbildung arbeitslos – eine Kombination, die schon in anderen Ländern zu Aufruhr geführt hat.

Die Herrscher Saudi-Arabiens scheinen in dieser Situation im Panik-Modus und suchten einen neuen Repräsentanten. So wurde der Kriegsminister und Wirtschaftsreformer Muhammad bin Salman der neue Kronprinz. Er soll die Jugend an das Königshaus binden. Salman stellt sich als Teil einer jungen Generation dar, die von den alten Männern an der Macht nicht verstanden werde. „Ich komme aus einer anderen Generation, habe andere Träume“, sagte er.

Doch werden die alten Konflikte fortgesetzt und sogar verschärft. Saudi-Arabien ist mit dem Umbau der Wirtschaft im Hintertreffen, auch im Konflikt um die technologische Vorherrschaft mit dem Iran. So wird Katar wegen enger Zusammenarbeit mit dem Iran isoliert und bedroht. Zu den Hauptforderungen Saudi-Arabiens gehört, Katar müsse seine Beziehungen zum Iran auf solche beschränken, die dem Golf-Kooperationsrat genehm seien. Für den Fall, dass das Emirat sich nicht fügt, hat Saudi-Arabien Konsequenzen angekündigt.

Denn noch beherrschen der Krieg und das Öl die Politik Saudi-Arabiens. Nur für die Träume der Jugend soll ein erstes Kino in Riad eröffnet werden.

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"Träume von Krieg und Öl", UZ vom 30. Juni 2017



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