Auf der Forbes-Liste der Superreichen dieser Welt nahm sie Rang 77 ein. Johanna Quandt, Witwe des Industriellen Herbert Quandt, starb am 3. August, 87 Jahre alt. Ihr Privatvermögen wurde dazumal auf mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt. Als Hauptaktionärin, der fast die Hälfte des Automobilkonzerns BMW gehört hatte und die über zahlreiche weitere Unternehmensbeteiligungen verfügte, hatte sie schon Jahre zuvor ihren beiden Kindern an die 30 Milliarden Euro vermacht.
Wie man weiß, hatte ihr Mann Herbert Quandt das Fundament dieses Vermögens im Dritten Reich gelegt, mithilfe von Zwangsarbeitern aus Polen und mittels Einrichtung eines KZ-Außenlagers in der Quandtschen Akkumulatoren-Fabrik, komplett mit Galgen und allem Drum und Dran. Der Mann hätte auf der Anklagebank des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses gesessen, wenn ihn nicht die britischen Alliierten unter ihre Fittiche genommen und alle Dokumente über seine Nazi-Karriere unter Verschluss gehalten hätten.
Für die Vorgeschichte ihres Reichtums konnte Johanna Quandt nichts. Sie hat nur dessen Raffer geheiratet und sein Erbe gemehrt. Dafür wurden ihr viele Ehrungen zuteil. Anno 2009 das Große Bundesverdienstkreuz. „Ein Vermögen zu besitzen, das bedeutet auch, gesellschaftliche Verantwortung zu tragen“, sagte sie bei der Verleihung. Dieser Verantwortung war sie zuvor nachgekommen, mit Spenden an die CDU und an die FDP von insgesamt 325 000 Euro. Im Jahr 2008 hatte sie gemeinsam mit ihren beiden Kindern nochmals 300 000 Euro nachgelegt.
Ehrensenatorin der Goethe-Universität Frankfurt wurde sie zum Dank für ihr soziales Engagement zugunsten krebskranker Kinder. Es hat sich gewiss gelohnt, auch für sie. Beim Steuern sparen. Insofern folgerichtig war die Gründung der „Stiftung Charité“, gemeinsam mit dem Berliner Universitätsklinikum. Sie soll „vor allem das unternehmerische Denken an der größten Universitätsklinik Europas fördern, aber auch wissenschaftliche Vorhaben unterstützen“.
Klassischer Fall von Hauptzweck und Nebenwirkung.
Damit sie im rechten Licht gesehen werde, gründete sie bereits 1995 die Johanna-Quandt-Stiftung. Selbstgestellte Aufgabe: „Die Stiftung erklärt die gesellschaftliche Bedeutung von Unternehmern und Unternehmen, prämiert exzellenten Wirtschaftsjournalismus, fördert das Urteilsvermögen junger Journalisten und vermittelt Einblicke in die Welt der Wirtschaft.“ Logische Folge einer solchen Zielsetzung ist, dass der Qualitätsjournalismus der „Welt am Sonntag“ (WamS) den Herbert-Quandt-Medienpreis der Stiftung errang. Das ehemalige Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ist ebenfalls Preisträger. Ehre, wem solche Ehre gebührt.
Wer sich durchs Internet klickt, um ein wenig über Johanna Quandt zu lesen, stößt auf Zeitungstitel wie „Grande-Dame der Bescheidenheit“. In der „Berliner Zeitung“ stand allerdings auch folgender starker Satz: „Man würde dieser Frau nicht gerecht, wenn man sie nur auf ihr Vermögen reduzieren würde, das ihr quasi in den Schoß fiel.“ Da hat so ein Journalistenschlingel doch mal richtig um die Ecke gedacht.