Der Bezirksvorstand der DKP Hessen diskutierte auf seiner Tagung am 24. April die Ergebnisse der im März stattgefundenen Kommunalwahlen. Als Grundlage für die Diskussion und erste Auswertung diente ein Arbeitspapier mit fünf Thesen zur Kommunalpolitik. Ziel war es, neben der detaillierten Auswertung der einzelnen Wahlergebnisse landesweite Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und Schlussfolgerungen zu ziehen.
These 1: Im Kommunalwahlkampf und im Ergebnis spiegelt sich ein bundesweiter Trend wieder.
Die Grünen präsentieren sich als moderne Lifestyle-Partei und profitieren am stärksten von Trendthemen wie Klimapolitik, aber auch im Bereich Mobilität/Verkehr. Verloren haben SPD und CDU. Die AfD konnte ihr hohes Ergebnis von 2016 nicht halten, stabilisierte sich aber bei 6,9 Prozent. Die Linkspartei versuchte, mit der Orientierung auf eine sozial-ökologische Wende am bundesweiten Trend anzuknüpfen, sich als die sozialeren und konsequenteren Grünen zu präsentieren. Insgesamt erreichte sie einen leichten Zugewinn von 0,5 Prozent auf 4 Prozent der Stimmen. Soziale Themen wie Mieten/Mietpreise und kommunale Daseinsversorgung spielen zwar nach wie vor eine wichtige Rolle in den Kommunen, waren aber nicht wahlentscheidend.
These 2: Durch die starke Aufwertung der Themen Klima und Verkehr wächst die Schnittmenge von SPD, Grünen und Linkspartei.
Die Linkspartei hat in der Vergangenheit bundes- und landesweit die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit SPD und Grünen signalisiert und verfolgt das Projekt R2G. In Frankfurt hat sie die jüngst gebildete Ampelkoalition aus dieser Perspektive kritisiert, in Gießen laufen derzeit Koalitionsgespräche zwischen SPD, Grünen und Linkspartei. Man muss davon ausgehen, dass dadurch die Glaubwürdigkeit der Linkspartei-Listen und -Fraktionen als Opposition zur herrschenden Politik weiter geschwächt wird.
These 3: Hessenweit setzt sich mit der kontinuierlichen Stärkung der Linkspartei der langjährige Trend fort, dass Linkspartei-Listen vormalige Bündnislisten ersetzen. DKP-Eigenkandidaturen sind möglich, bleiben jedoch die Ausnahme.
Zu diesen Ausnahmen gehören die DKP/Linke Liste in Mörfelden-Walldorf, die DKP Reinheim und die Eigenkandidatur im Kreis Darmstadt-Dieburg. In zahlreichen Kreisen kandidierten DKP-Genossinnen und -Genossen auf Listen der Linkspartei. Grundlage für eine erfolgreiche Beteiligung von DKP-Genossinnen und -Genossen ist deren Verankerung und eine aktive und sichtbare DKP-Gruppe, die sie unterstützt. Aussichtsreiche Listenplätze werden nicht geschenkt, sie werden erkämpft! Der Bezirk Hessen hat die verschiedenen Formen von DKP-Kandidaturen begleitet, hat aber selbst kein kommunalpolitisches Programm und keinen Arbeitskreis.
These 4: Ins Zentrum unserer Arbeit gehört nun die Frage: Wer zahlt die Zeche der Corona-Krise? Widerstand gegen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Politik ist nötig! Die Reichen müssen zahlen!
Bereits heute sind die Schäden der Corona-Politik der Bundesregierung in den Kommunen sichtbar. Kultur- und Sportvereine sind gefährdet, Kinderbetreuung und andere Dienstleistungen in den Kommunen sind stark eingeschränkt. Die Folgen der Lockdowns werden voll auf die Arbeiterklasse abgewälzt – nicht nur ökonomisch! Im Interesse der Arbeiterklasse wäre, diese Folgen abzufedern und zu kompensieren. Das Gegenteil wird aber der Fall sein. Rückläufige Steuereinnahmen und fehlende Gegenfinanzierung des Bundes werden spätestens mit der nächsten kommunalen Haushaltsdebatte wieder die Fragen aufwerfen: Welche Kita wird nicht gebaut? Welches Schwimmbad und welche Bibliothek geschlossen?
These 5: Bis zur Bundestagswahl deutet sich eine Fortsetzung des oben genannten bundesweiten Trends an. Die Grünen haben die Chance, zur stärksten Kraft zu werden, eine schwarz-grüne Regierungskoalition wird wahrscheinlicher.
Diese Regierung droht erneut eine Regierung des Sozialkahlschlags und der Aufrüstung zu werden. Zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen zur Überbrückung der Folgen der Corona-Krise werden auslaufen und bezahlt werden müssen. Zugleich steht die Grüne-Kanzlerkandidatin Baerbock für einen aggressiveren Kurs gegen Russland und China. Sie fordert Aufrüstung und eine stärkere Rolle des deutschen Imperialismus an der Seite des US-Imperialismus. Diese Zusammenhänge können und dürfen wir auch in der Kommunalpolitik nicht ausblenden, wo wir uns als Kommunistinnen und Kommunisten verankern wollen.
In der Diskussion gab es starke Zustimmung zu den Thesen. Diskussionspunkte waren die weitere Entwicklung der Linkspartei und die Konsequenz (Eigenkandidaturen?) daraus. Der Bezirksvorstand wird mit den Thesen weiter arbeiten. Als praktische Schritte wurden vereinbart: Austausch unter den Mandatsträgern und kommunalpolitisch interessierten Genossinnen und Genossen und Aufbau eines kommunalpolitischen Netzwerkes und Arbeitskreises. Die Diskussion zum Thema Kommunalpolitik wird auf einer der nächsten Bezirksvorstandstagungen fortgesetzt.