Zu „Kurzer Blick auf China“, UZ vom 25. September

Theoretischer Kompass

Wolfram Elsner, per E-Mail

Wäre China als Gesamtsystem „ein kapitalistisches Land“ (Zeise), wäre es ein hundsmiserabler Kapitalismus. Alle internationalen Studien zeigen zum Beispiel, dass die chinesische Kapitalrendite dauerhaft unter der globalen Durchschnittsrendite liegt, was die westlichen Finanzspekulanten und ihre Think-Tanks (zum Beispiel McKinsey) bedauern. Der Grund ist, dass das chinesische Privatkapital auf vielfältige Weise zur nationalen Entwicklung herangezogen wird und Infrastrukturen und die internationalen Kooperations- und Entwicklungsziele mittragen und mitfinanzieren muss. China verteilt inzwischen deutlich „nach unten“ zurück, die Lohnsteigerungen sind nach wie vor überproportional, jüngste Steuerreformen haben die kleinen und mittleren Einkommen erheblich entlastet, während die Einkommen der Kapitalisten begrenzt werden und die Milliardäre ihre Einkommen rechtfertigen und nachweisen müssen. Der staatliche Produktionsanteil ist zwar quantitativ kleiner geworden, dafür jedoch qualitativ bedeutsamer: Die inzwischen hocheffektiven staatlichen Produktionsunternehmen treiben die privaten Konzerne inzwischen „vor sich her“ und zwingen sie, zur nationalen sozialökonomischen Entwicklung beizutragen und im Ausland den international vereinbarten Kooperationszielen zu dienen. (…) Westliche Unternehmen beklagen den zunehmenden Einfluss der Betriebsgruppen der KP zum Schutz der Arbeiter, der Löhne und zur Sicherung von innovativen Investitionen. Korruption, Kern des realen Kapitalismus, ist massiv bekämpft worden und drastisch reduziert, und KP und Regierung haben (nicht zuletzt deshalb) heute mehr Ansehen als je zuvor. Die chinesischen Kapitalisten haben nicht die geringsten Chancen, ihre Finanzmacht in politische Macht umzusetzen. (…) Die chinesische KP hat ganz offenbar ihren theoretischen Kompass. (…)

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"Theoretischer Kompass", UZ vom 9. Oktober 2020



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