Zum Tod von Muhammad Ali

The Greatest

Von Klaus Huhn

Es ist eine Woche her, dass man Muhammad Ali begrub, aber es können Jahre vergehen, ohne dass er in Vergessenheit gerät. Seinen ersten sportlichen Triumph feierte er in Rom. Dort errang er vor einem guten halben Jahrhundert olympisches Gold. Als er heimkehrte und der weiße Bürgermeister ihn, den Schwarzen, feierlich empfangen wollte, kommentierte er das Fest mit den Worten: „Diese Medaille bedeutete mir nichts. Ich kam zurück, und ich war einfach nur ein weiterer Schwarzer.“ Das trug ihm Ärger ein, denn er war in den Südstaaten geboren worden, wo die Bürgermeister Afroamerikaner nicht zu empfangen pflegten. Als „Weiße“ ihm damals die Medaille stehlen wollten, soll er sie in einen Fluss geworfen haben. Das ist 56 Jahre her und als man ihm vor vier Jahren mit der Freiheitsmedaille eine der höchsten Auszeichnungen der USA verlieh, schrieb Associated Press: „Sein Karriereende liegt mehr als 30 Jahre zurück, und noch immer zählt Muhammad Ali zu den bekanntesten Sportlern der Welt. Seine einzigartige Boxkarriere hat ihn berühmt gemacht – doch schon als aktiver Sportler zeigte er, dass er um seine Rolle außerhalb des Rings wusste. Dank seines Charismas und seiner Geradlinigkeit wurde er zur Ikone, vor allem für Afroamerikaner. Auch nach seinem Rücktritt 1981 widmete sich Ali gemeinnützigen Zwecken, machte sich für Bürgerrechte und Religionsfreiheit stark. Für sein soziales Engagement hat der 70-Jährige nun mit der Freiheitsmedaille eine der höchsten zivilen Auszeichnungen der USA erhalten. Hunderte Personen, darunter viele Prominente, waren bei der Zeremonie im National Constitution Center von Philadelphia anwesend. Bei der Übergabe in Philadelphia wirkte Ali von seiner Parkinson-Erkrankung deutlich geschwächt. Er selbst sprach nicht, stand aber auf, um die Medaille von seiner Tochter Laila Ali in Empfang zu nehmen. Dann winkte er dem Publikum zu. Seine Frau Lonnie Ali sagte, die Medaille ehre ihren Mann. Er habe oft gesagt, er sei doch nur für seine Überzeugungen eingestanden.“

Ali war als Cassius Clay geboren worden und konvertierte in den sechziger Jahren zum Islam. Er änderte seinen Namen in Muhammad Ali. Er weigerte sich am Vietnam-Krieg teilzunehmen und begründete diesen Schritt mit den Worten: „Ich habe keinen Streit mit den Vietcong, kein Vietcong hat mich jemals Nigger genannt.“ Für seine Überzeugung opferte er sogar seine Karriere als Box-Weltmeister. Am 28. April 1967 wurde er wegen Wehrdienstverweigerung zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dieses absurde Urteil – absurd, weil kein Gericht einen Boxtitel annullieren kann – korrigierte er 1974 im Ring, als er sich den Titel wieder holte. So kam es, dass er insgesamt dreimal Profi-Schwergewichtsweltmeister war. Und die Goldmedaille von Rom platinierte das Internationale Olympische Komitee (IOC), als es ihn 1999 zum Sportler des Jahrhunderts wählte. Auch der Präsident der USA, Barack Obama, würdigte ihn mit deutlichen Worten: „Muhammad Ali war ein Mann, der die Welt aufgerüttelt hat. Er war nicht nur ein großartiger Kämpfer im Ring, sondern auch ein Mann, der für das gekämpft hat, was richtig war. Er hat für uns gekämpft. Muhammad Ali war The Greatest. Punkt.“

Als er bei der Ehrung eines erblindeten Boxers Mühe hatte, die passenden Worte zu finden, erklärte er: „Die Leute sagen, dass ich heute so langsam rede. Das ist keine Überraschung. Ich habe errechnet, dass ich 29 000 Schläge abbekommen habe. Aber ich habe 57 Millionen Dollar verdient, und ich habe die Hälfte davon gespart. Deshalb nahm ich ein paar harte Schläge hin. Wissen Sie, wie viele schwarze Männer jedes Jahr getötet werden durch Schusswaffen und Messer – ohne dass sie einen Penny besitzen? Ich mag langsam sprechen, aber mein Verstand ist okay.“

Muhammad Ali, dieser gut aussehende, smarte Kerl war allerdings auch einer der meistgehassten Menschen Amerikas. Deshalb war es eine so begrüßenswerte Geste, ihn bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 das olympische Feuer entzünden zu lassen!

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"The Greatest", UZ vom 10. Juni 2016



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit