Verschärfte Repression gegen Kurden

Terrorvorwurf leicht gemacht

Kolumne

Wieder gab es eine Festnahme einer kurdischen Aktivistin, diesmal in Nürnberg. Am Dienstag der vergangenen Woche durchsuchten Polizeieinheiten das Medya-Volkshaus sowie eine Privatwohnung in Nürnberg und beschlagnahmten die üblichen Gegenstände wie Handys, Laptops und sämtliche Speichermedien.

Die Ko-Vorsitzende des kurdischen Volksrats, Makbule Kartal, wurde festgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft München wirft der Kurdin vor, in den Jahren 2021 und 2022 eine sogenannte „Frontarbeiterin“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Gebiet Nürnberg gewesen zu sein und sich dadurch als „Mitglied einer terroristischen Vereinigung“ im Ausland nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar gemacht zu haben.

Makbule Kartal wurde noch am gleichen Tag der Haftrichterin in München vorgeführt, die ihr den Haftbefehl eröffnete und Untersuchungshaft anordnete. Seitdem befindet sie sich in der Justizvollzugsanstalt München. Sie ist derzeit die siebzehnte Kurdin, die wegen des Vorwurfs der PKK-Mitgliedschaft in einem deutschen Gefängnis in Straf- oder Untersuchungshaft ist. Seit 2010, seitdem die PKK als „terroristische Vereinigung im Ausland“ verfolgt wird, wurden rund 80 Kurdinnen und Kurden wegen dieses Vorwurfs inhaftiert. Bis 2010 wurde die PKK lediglich als „kriminelle Vereinigung“ nach Paragraf 129 StGB verfolgt.

Das Medya-Volkshaus in Nürnberg ist in den letzten Jahren wiederholt von der Polizei heimgesucht worden. Kein Vorwurf ist zu weit hergeholt, wenn es darum geht, den kurdischen Strukturen in Nürnberg und Umgebung einen Schlag zu versetzen. Dabei gehen die Polizeikräfte in der Regel ziemlich rabiat vor. Auch am Dienstag beschädigten die Einsatzkräfte bei ihrer Durchsuchung Türen und Einrichtungsgegenstände. FED-GEL, die Föderation kurdischer Vereine in Baden-Württemberg und Bayern, bezeichnete die Maßnahme völlig zu Recht als bewusste politische Repressalie, die die kurdische Community kriminalisieren und einschüchtern soll.

380503 henning - Terrorvorwurf leicht gemacht - Haftbefehl, Kurden, Makbule Kartal, Paragraf 129b StGB, PKK, Repressionen, Rote Hilfe e. V., Solidarität - Politik

Der Rechtshilfefonds AZADÎ schloss sich in einer Stellungnahme an und fordert ein Ende der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung, insbesondere ein Ende der Verfolgung der PKK als „terroristische Vereinigung“.
Die Repressionsbehörden übertreffen sich bei der systematischen Verfolgung von Repräsentantinnen und Repräsentanten des kurdischen Volkes immer wieder selbst. Dieses Vorgehen der Justiz entspricht eins zu eins den politischen Vorgaben der Bundesregierung und stellt ein Hindernis für eine politische Lösung der kurdischen Frage dar.

Inzwischen ist es normal, dass die BRD die Drecksarbeit für das türkische Regime übernimmt, die Gesuchte in anderen Ländern festnehmen und ausliefern lässt, um ihnen in der BRD den Prozess zu machen. Die Haftstrafe können sie dann wieder in dem Land verbüßen, aus dem sie ausgeliefert wurden. Ein völlig irres Rechtskonstrukt, das den unbedingten Verfolgungswillen der deutschen Behörden dokumentiert.

Und noch etwas fällt in diesem speziellen Fall ins Auge: Während die Verfolgungsbehörden in der Vergangenheit in den meisten Fällen männliche Exilpolitiker festgenommen und verurteilt haben, denen vorgeworfen wurde, in verantwortlicher Position sogenannte „Gebietsleiter“ gewesen zu sein, wird mit Makbule Kartal eine lokale Vereinsvorsitzende als „Terroristin“ deklariert, die eine sogenannte „Frontarbeiterin“ gewesen sein soll. Doch der Vorwurf ist der gleiche. Auch das zeigt, dass die Repression immer engmaschiger alle kurdischen Kräfte verfolgt, die sich dem türkischen Regime widersetzen.

Die Antwort kann auch in diesem Fall nur sichtbare Solidarität sein, welche die NATO-Kumpanei der BRD mit der Türkei politisch angreift. Die Solidaritätskundgebung für Makbule Kartal vom vergangenen Wochenende vor dem Medya-Volkshaus war ein erstes wichtiges Zeichen.

Unser Autor ist Bundessprecher der ­Roten Hilfe e. V.

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"Terrorvorwurf leicht gemacht", UZ vom 14. Februar 2025



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