Am Wochenende gingen wieder einmal Bilder einer friedlichen Idylle über die Agenturen in alle Welt. Die deutsche Kanzlerin und der russische Präsident trafen sich zu einer freundlichen Teestunde im Garten des Schlosses Meseberg. Was konkret besprochen wurde, bleibt wohl noch für einige Zeit das Geheimnis der beiden. Interessant ist allerdings, dass schon bei den Berichten über die anschließende Pressekonferenz Dissonanzen auftraten. So zum Thema Syrien. Der russische Präsident forderte zum Beispiel dringend Hilfen für die Regionen in Syrien, die jüngst durch die syrische Armee von den islamistischen Terroristen befreit worden sind. Im Vertrauen darauf, dass die Zuschauer die russische Sprache nicht verstehen, ging der Bericht in der Hauptnachrichtensendung des deutschen Fernsehens großzügig über diese Passage hinweg.
Allerdings hatte die Kanzlerin die Worte Putins gehört. Und flugs folgte am vergangenen Montag eine Meldung, laut der die deutsche Bundesregierung solche Überlegungen für „verfrüht“ hält, schließlich werde ja in einigen Regionen Syriens noch immer gekämpft. Dahinter stehen zumindest zwei Probleme, bei denen sich die deutsche Regierung ziert wie eine Zicke am Strick: Einerseits möchte sie auf keinen Fall anerkennen, dass mit dem Fortschreiten der Befreiung syrischen Territoriums Tatsachen geschaffen werden, auch die Festigung des staatlichen Systems des Landes unter der Führung von Präsident Assad. Und andererseits ist es den Regierenden zuwider, syrische Flüchtlinge zu Tausenden wieder in die Heimat zurückkehren zu sehen – schließlich hatte man doch jahrelang behauptet, die Syrer seien massenweise „vor dem Assad-Regime“ geflohen. Zudem passt die Rückkehr von Flüchtlingen nicht in die aktuellen Pläne, billige, aber gut ausgebildete ausländische Fachkräfte im Lande zu behalten.
Die Idylle von Meseberg steht auch im krassen Widerspruch zu dem neuerlichen Säbelrasseln, an dem sich die Armeen aller NATO-Länder beteiligen – wobei die deutsche Bundeswehr mit am lautesten rasselt. Deutsche Soldaten sind wieder gen Osten unterwegs, um an Militärmanövern teilzunehmen. Zurzeit läuft eines dieser Kriegsspiele in Georgien, also im Kaukasus, den deutsche Truppen vor mehr als 70 Jahren vergebens zu erobern versuchten. Im September folgt ein Manöver in der westlichen Ukraine, wo sich viele Leute noch an deutsche Uniformen erinnern – einige Regierende sogar mit Freude. Zwei größere Manöver im Ostseeraum sind vor wenigen Wochen beendet worden – vergessen die Zeit vor über 30 Jahren, als es einmal hieß, „Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein“. Naja, das war auch zu Zeiten der unseligen DDR …
Zumindest sei daran erinnert, dass alle diese Manöver in unmittelbarer Näher der Grenze zu Russland abgehalten werden. Zumeist in einer Entfernung, die eine Luft-Luft-Rakete, wie sie vor zwei Wochen von einem spanischen NATO-Piloten über Estland „versehentlich“ abgefeuert wurde, in Sekunden überwindet.
Und nun rüstet sich die NATO zu einem der größten Manöver der letzten 30 Jahre in Norwegen, das im Oktober beginnen und am 7. November enden soll – quasi symbolträchtig am Jahrestag der Oktoberrevolution von 1917. Dabei wird die Bundeswehr eine führende Rolle einnehmen, vielleicht in Erinnerung daran, dass in deutschen Stäben noch Generalstabskarten der Gegend aus den 40er Jahren vorhanden sein könnten.
Wir wissen nicht, ob Herr Putin den Tee mit Frau Merkel genossen hat, er war ihm aber sicher viel lieber als das aktuelle Säbelrasseln.