Tatverdächtiger im Mordfall Burak Bektas?

Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektas“ hat ihre Kritik an den Berliner Ermittlungsbehörden erneuert. „Den Verzicht auf die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Suche nach dem Täter werten wir als Verschleierungsversuch eines Mordes mit einem möglichen rassistischen Hintergrund“, monierte die Initiative in einer Erklärung.

Zur Erinnerung: Der zum Tatzeitpunkt 22-jährige Bektas war in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 in der Nähe des Krankenhauses im Berliner Bezirk Neukölln auf offener Straße grundlos von einem Unbekannten erschossen worden. Zwei seiner Freunde, Alex. A. und Jamal A., wurden damals ebenfalls von dem gleichen Täter niedergeschossen, überlebten den feigen Anschlag jedoch.

Nun mehren sich Hinweise darauf, dass ein kürzlich wegen eines anderen Tötungsdeliktes festgenommener Mann auch für den Mord an Bektas verantwortlich sein könnte. So soll Rolf Z. am 20. September dieses Jahres den britischen Rechtsanwalt Luke H. in Neukölln erschossen haben. Z. sitzt in Untersuchungshaft, schweigt jedoch zu den Vorwürfen. Die Polizei vermutet „Ruhestörung“ als Tatmotiv. Der Täter soll Ähnlichkeit zu dem Mörder von Bektas aufweisen.

Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektas“ wies nun darauf hin, dass sich der Name von Rolf Z. bereits als Verdächtiger in den Ermittlungsakten zu Burak Bektas befunden habe. Diesem Hinweis aus der Bevölkerung sei jedoch von der Polizei nicht mit der notwendigen Sorgfalt nachgegangen worden. „Als Initiative haben wir immer vor der Gefahr gewarnt: Der Mörder läuft noch frei herum und kann jederzeit wieder töten. Der Mord an Luke H. wäre unter Umständen zu verhindern gewesen“, konstatiert die Initiative, die „nicht mit Gewissheiten auftreten“ wolle, sondern Aufklärung fordere.

„Nach unseren Informationen hat Rolf Z. sich in der Vergangenheit in der Nähe des Krankenhauses Neukölln aufgehalten, um dort ‚rumzuballern‘“, so die Initiative, die die Öffentlichkeit um Informationen darüber bittet, ob sich Z. in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 auch dort aufgehalten habe und ob sich Anwohnerinnen und Anwohner des Tatortes in der Rudower Straße an den durchaus auffälligen damals 62-Jährigen erinnern könnten?

Von den Ermittlungsbehörden fordert die Initiative unterdessen, Informationen zum Waffentyp der Tatwaffe im Fall Burak Bektas an die Öffentlichkeit zu geben und die Bevölkerung um Mithilfe zu bitten und zu ermitteln, wo Rolf Z. sich in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2012 aufgehalten habe und es „Verbindungen von Rolf Z. in rechtsradikale Milieus“, etwa zu den sogenannten „Reichsbürgern“ gebe.

„Der zuständige Staatsanwalt Horst-mann schweigt seit drei Jahren beharrlich. Presseanfragen werden nicht beantwortet. Ein seit mehr als drei Jahren nicht aufgeklärter Mord muss Anlass sein, die Kompetenz des leitenden Staatsanwaltes in Frage zu stellen. Horstmann ist verantwortlich für die nicht durchgeführten Ermittlungen zu Rolf Z., wie den Abgleich der aufgefundenen Munition und die Befragungen von Zeugen und des Tatverdächtigen Rolf Z.“, moniert die Initiative, die von Angehörigen des zum Tatzeitpunkt erst 22 Jahre alten Mannes und von Antifaschisten getragen wird.

Schon in der Vergangenheit hatte die Initiative sowie auch die Opferberatungsstelle „Reach Out“ und andere antifaschistische Organisationen auf mögliche Verstrickungen von Neonazis in bezug auf den Mord hingewiesen. Unter anderem hatten die sogenannten „Reichsbürger“ im Vorfeld des Mordes Pamphlete verteilt, in denen Migranten aufgefordert worden waren, aus Deutschland auszureisen. Sollten sie dieser Aufforderung bis August 2012 nicht nachkommen, würde es zu standrechtlichen Erschießungen kommen, wenn sie noch auf der Straße angetroffen würden, hieß es darin damals.

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"Tatverdächtiger im Mordfall Burak Bektas?", UZ vom 9. Oktober 2015



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